Ergebnisse im Überblick
In Kürze
- Wie bei anderen Hightech-Produkten werden auch für Erneuerbare-Energieanlagen, Speicher und Netze immer größere Mengen und immer mehr verschiedene Metalle benötigt. Ein Beispiel: In einem Computerchip für die digitale Steuerung eines Kraftwerks stecken rund 60 verschiedene Elemente. Zu den benötigten Metallen zählen unter anderem Seltene Erden, Gallium, Germanium, Indium, Tellur und die Platingruppenelemente.
- Werden Metalle zu teuer, sind Investitionen in klimafreundlichere Technologien weniger wirtschaftlich. Darüber hinaus können ethisch, gesundheitlich und ökologisch bedenkliche Abbaumethoden die gesellschaftliche Akzeptanz der Rohstoffgewinnung gefährden.
- Immer weniger Akteure kontrollieren immer größere Rohstoffmengen, die Märkte sind oft sehr intransparent. Einzelne Länder und Unternehmen können ihre Marktmacht ausnutzen und den Zugang zu wichtigen Rohstoffen erschweren.
- Deutschland braucht eine langfristig angelegte Rohstoffpolitik, um offene und transparente Märkte sowie hohe Umwelt- und Sozialstandards zu fördern. Mehr Recycling, Bergbau in Europa und der Tiefsee sowie strategische Investitionen in Rohstoffprojekte können die Versorgungsicherheit verbessern.
Metalle und Mineralien
Die Platingruppenelemente Platin, Palladium, Rhodium, Ruthenium und Iridium kommen in Brennstoffzellen und als Katalysatoren zum Einsatz. Damit sind sie nicht nur für die Wasserstoffmobilität unverzichtbar, sondern auch für Langzeitenergiespeicher und Power-to-X-Technologien. Letztere können eingesetzt werden, um aus Strom Wasserstoff zu erzeugen, der anschließend auch in Methan oder andere chemische Verbindungen umgewandelt werden kann.
Oft kontrollieren einige wenige Länder den Abbau wertvoller Metalle und Mineralien. Russland und Südafrika beispielweise liefern zusammen rund 75 Prozent des weltweit verfügbaren Palladiums, das etwa für Elektrofahrzeug-Batterien benötigt wird. Seltene Erden kommen unter anderem in Windkraftanlagen, Motoren und Generatoren zum Einsatz. Mehr als 86 Prozent der Weltbergwerksproduktion der Seltenen Erden liegen in China, sodass das Land hier eine enorme Marktmacht hat.
Elemente wie Indium, Tellur, Gallium oder Germanium sind beibrechende Elemente. Sie fallen als „Nebenprodukte“ an: Indium zum Beispiel bei der Zinkproduktion, Tellur bei der Kupferproduktion. Diese Elemente stecken in Solarmodulen von Photovoltaikanlagen und Magneten.
Rohstoffmärkte
Unternehmen müssen die meisten Metalle von Produzenten im Ausland oder an internationalen Börsen kaufen. Dabei sind die Märkte selten im Gleichgewicht: Zwar steigen die Metallpreise bei wachsender Nachfrage schnell. Aber es dauert mitunter Jahre, bis das Angebot nachzieht und die Preise wieder fallen, weil Bergbauprojekte einen langen Vorlauf haben. Im Schnitt vergehen von der Entdeckung einer Lagerstätte bis zum Beginn des Abbaus zehn Jahre. Die Folgen zeigten sich zwischen 2003 und 2013: In dieser Zeit sorgte der Wirtschaftsboom in China nicht nur für eine lange Hochpreisphase an den Metallmärkten, sondern führte sogar zu vorübergehenden Lieferengpässen.
Wie sicher die Rohstoffversorgung langfristig ist, hängt wesentlich von der Zuverlässigkeit der Lieferländer ab. Wichtige Einflussfaktoren sind politische Stabilität und Investitionssicherheit. Kritische Rohstoffe stammen meist aus wenigen, eher unzuverlässigen Lieferländern. Für die Wirtschaft sind sie jedoch enorm wichtig, weil sie nur schwer zu ersetzen sind. Wenn ein Lieferland den Export beschränkt – so wie China es bei den Seltenen Erden gemacht hat –, ist die Versorgung gefährdet.
Effizienz und Recycling
Verbesserte Produktionsprozesse in der Industrie können dazu beitragen, dass knappe Rohstoffe sparsamer (effizienter) verwendet oder durch andere ersetzt werden. Darüber hinaus sind alte Autos, Elektronikgeräte oder Leitungen wertvolle Rohstoffquellen: Weltweit fallen jährlich etwa 50 Millionen Tonnen Elektroschrott an, davon fast zwei Millionen Tonnen allein in Deutschland. Es gilt, dieses Potenzial auszuschöpfen und möglichst viele der darin enthaltenen Rohstoffe wiederzuverwerten.
Die Massenmetalle Stahl und Kupfer werden heute schon bevorzugt aus Schrott gewonnen. Hightech-Elemente wie Seltene Erden haben jedoch noch geringe Wiedergewinnungsraten: Zum einen ist das Recycling technisch aufwendig und teuer. Zum anderen landet bislang noch zu viel Elektronikschrott im Hausmüll oder in wenig leistungsfähigen Recyclinganlagen.
Diese Maßnahmen könnten die Recyclingquoten erhöhen:
- gesetzliche Vorgaben und/oder Labels für möglichst recyclingfähige Produktdesigns
- verbraucherfreundlichere Sammelsysteme (zum Beispiel Rückgabemöglichkeiten in Geschäften sowie Leasing- und Pfandmodelle für Verbraucherelektronik)
- Vorschriften in der Abfallgesetzgebung für ein hochwertiges Recycling der in kleineren Mengen anfallenden Edel- und Sondermetalle
- schärfere Ausfuhrkontrollen für Gebrauchtgüter, die verhindern, dass Elektroschrott oder Altfahrzeuge illegal exportiert werden
Neue Lagerstätten
Gibt es mehr Rohstoffanbieter mit ausreichend großen Marktanteilen, können einzelne Ausfälle tendenziell besser kompensiert werden. Werden also zusätzliche Lagerstätten erschlossen, kann dadurch die Abhängigkeit von einigen wenigen Ländern sinken.
Durch diese Maßnahmen könnte die Rohstoffbasis erweitert werden:
- Derzeit gibt es keinen Metallbergbau in Deutschland, weil die Lagerstätten abgebaut oder unwirtschaftlich geworden sind. Es gibt aber Lithium-, Kupfer- und Wolframvorkommen und Potenziale, um Zinkvorkommen mit Anteilen von Indium und Germanium zu entdecken. Um sie zu erschließen, müsste man tiefer explorieren und neue technologische Verfahren entwickeln. Aus den Kupfervorkommen in Deutschland ließe sich außerdem Tellur gewinnen. Dafür müssten jedoch wirtschaftlichere Abbau- und Verarbeitungsmethoden entwickelt werden.
- Auch in der Tiefsee lagern wertvolle Metalle, zum Beispiel Kobalt, Kupfer und Nickel. Deutschland hat bereits in den Meeresbergbau investiert und besitzt Erkundungslizenzen für den Indischen Ozean und den Pazifik. Ein wichtiger nächster Schritt wäre ein Versuchsbergbau, um die Technologien erproben sowie Kosten und Umweltfolgen besser abschätzen zu können. Da der Bergbau in der Tiefsee teurer ist als an Land, werden private Unternehmen derzeit eher nicht investieren. Marine Lagerstätten können also nur erschlossen werden, wenn der Staat dies finanziell unterstützt und einen Teil des unternehmerischen Risikos übernimmt.
Rohstoffdaten
Gute Marktdaten ermöglichen es Unternehmen, ihre Versorgungssituation realistisch einzuschätzen. Kenntnisse des geologischen Untergrunds erleichtern die Suche nach Lagerstätten.
Diese Maßnahmen könnten dazu beitragen, den Zugang zu Rohstoffdaten zu erleichtern:
- In Deutschland müssen Rohstoffunternehmen die bei der Exploration gewonnenen geologischen Messdaten an die Bergbehörden übermitteln. Ein modernisiertes Lagerstättengesetz könnte die Unternehmen zusätzlich verpflichten, diese Daten nach einer Karenzzeit zu veröffentlichen. Dies würde Doppelarbeit vermeiden und Kosten sparen, weil Wirtschaft und Wissenschaft die Informationen für neue Explorationskonzepte in Deutschland weiternutzen könnten.
- Beibrechende Elemente wie Indium und Tellur werden oft nur von wenigen Produzenten und Abnehmern gehandelt, die Märkte sind intransparent. Regierungen, Produzenten und Verbraucher könnten sich unter dem Dach der Vereinten Nationen vernetzen, um Daten zu diesen Elementen zusammenzutragen und beispielsweise in Marktstatistiken aufzubereiten. Solche International Metal Study Groups gibt es bereits für Blei, Zink, Kupfer und Nickel.
Staatliche Investitionen
Unternehmen, die große Rohstoffmengen verarbeiten, können sich am besten absichern, indem sie selbst Bergbau betreiben, sich an Bergbauprojekten beteiligen, langfristige Lieferverträge abschließen oder Vorkaufsrechte erwerben. Der Staat wiederum kann freie und transparente Märkte fördern, indem er Handelsabkommen und zwischenstaatliche Verträge abschließt.
Problematisch wird es, wenn ein Lieferant eine Monopolstellung hat. Im Extremfall ist ein Rohstoff gar nicht mehr verfügbar, weil das Land den Export verbietet. Droht tatsächlich ein Marktversagen, kann sich der Staat an der Rohstoffbeschaffung und -sicherung beteiligen. Zuvor muss jedoch sorgfältig analysiert werden, ob der erwartete Nutzen die hohen volkswirtschaftlichen Kosten rechtfertigt und die Maßnahmen das Marktversagen tatsächlich korrigieren können.
Ist das der Fall, gibt es folgende Optionen:
- Ein staatlich gefördertes Rohstoffunternehmen könnte Bergbauprojekte initiieren und strategische Partnerschaften mit Produzenten von Rohstoffen und Zwischenprodukten schließen. Aus Kostengründen sollte der Staat möglichst antizyklisch, also in Niedrigpreisphasen, in Rohstoffprojekte investieren – immer mit dem Ziel, Anteile so schnell wie möglich wieder zu privatisieren. Weil es dafür allerdings keine Erfolgsgarantie gibt, bestünde ein erhebliches Investitionsrisiko.
- Ist ein Bergwerk einmal stillgelegt, kann man es nicht so einfach wieder in Betrieb nehmen. Um zu verhindern, dass Gruben in zeitweisen Niedrigpreisphasen schließen müssen, könnten sie mit staatlicher Unterstützung im „Stand-By-Modus“ erhalten werden, bis die Rohstoffpreise wieder steigen.
- Seit der der Ölkrise 1973 hält Deutschland eine strategische Erdölreserve vor. Auch kritische Rohstoffe könnten auf Vorrat gelagert werden, um vorübergehende Lieferengpässe abzufedern. Unternehmen könnten sich gezielt gegen einen Versorgungsausfall der für sie besonders wichtigen Rohstoffe versichern. Nur sie würden im Fall einer Lieferkrise Rohstoffe aus der Reserve zugeteilt bekommen. Über die „Versicherungsprämie“ würde die Industrie an den Kosten beteiligt, Auswahl und Menge der zu lagernden Rohstoffe würde bedarfsgerecht gesteuert.
Internationale Rohstoffpolitik
Einheitliche, hohe Umwelt- und Sozialstandards sind nicht nur ethisch geboten, sondern auch Voraussetzung für einen fairen Wettbewerb. Sie würden außerdem verhindern, dass ökologische Vorteile der Energiewende durch Energieaufwand und Umweltbelastungen bei der Rohstoffgewinnung zunichte gemacht würden. Dies gilt sowohl für den Bergbau als auch das Recycling.
Diese Maßnahmen könnten die internationale Vernetzung stärken:
- Bilaterale Rohstoffabkommen und -partnerschaften sind einfacher umzusetzen als Abkommen zwischen mehreren Staaten. Neben der Stabilisierung der Rohstofflieferbeziehungen können sie darauf abzielen, Umwelt- und Sozialstandards zu etablieren, die Arbeitsplatzsicherheit bei der Rohstoffförderung zu verbessern und zu Klimaschutz und Rohstoffeffizienz beizutragen.
- Verbindliche Transparenzmechanismen können politischen Druck erzeugen: In der EU sind Unternehmen verpflichtet, für Konfliktrohstoffe die Lieferketten offenzulegen, um Verbindungen zwischen Produzenten, Regierungen und bewaffneten Gruppen aufzudecken. Auf ähnliche Weise könnten Umwelt- und Sozialstandards transparent gemacht werden. Wichtig wäre ein Monitoring durch eine unabhängige Prüfinstanz.