Bioenergie im Spannungsfeld zwischen Energie- und Klimapolitik

Strategien für eine nachhaltige Bioenergienutzung

Als vielfältigster Energieträger unter den Erneuerbaren kann Bioenergie einen Teil der Klimaschutzlücke schließen. Sie muss dafür jedoch nachhaltiger hergestellt und eingesetzt werden als bisher. Eine konsistente Bioenergiepolitik muss künftig sicherstellen, dass deren Nutzung keine negativen sozialen und ökologischen Folgen hat.

Eine ESYS-Arbeitsgruppe hat untersucht, wie Bioenergie systemdienlich im Energiesystem genutzt und zum Klimaschutz beitragen kann.

Ergebnisse im Überblick

In Kürze


  • Rest- und Abfallstoffe können risikoarm energetisch verwendet werden. In Deutschland gibt es große Potenziale an Restholz, Stroh und tierischen Exkrementen. Energetisch aufbereitet könnten diese bis zu 17 Prozent des zukünftigen deutschen Primärenergiebedarfs decken.
  • Für einen nachhaltigen Einsatz muss Bioenergie systemdienlich genutzt werden: Sie kann diejenigen Funktionen im Energiesystem übernehmen, für die andere Erneuerbare ungeeignet sind. Bioenergie könnte beispielsweise Schiffe und Flugzeuge antreiben oder Wärme für Industrieprozesse liefern.
  • Klimamodelle zeigen, dass der Atmosphäre künftig CO2 entnommen werden muss, um die Pariser Klimaziele zu erreichen Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um solche „negativen Emissionen“ zu erzeugen. Eine Option ist, Kohlendioxid in Bioenergieanlagen abzuscheiden und dauerhaft unterirdisch zu speichern (BECCS). Dieser Ansatz sollte bei künftigen Einsatzgebieten der Bioenergie mitbedacht werden.
  • Ein ausreichend hoher CO2-Preis und Zertifizierungssysteme können sicherstellen, dass Bioenergie dem Klima nützt. Sie sind am wirksamsten, wenn nicht nur Bioenergieträger, sondern alle landwirtschaftlichen Produkte darin einbezogen werden.

Treibhausgasbilanz von Bioenergie


Schon heute deckt Bioenergie ein Zehntel des Energiebedarfs in Deutschland. Biomasse wird jedoch nicht nur für die Energieversorgung benötigt, sondern auch zur Herstellung von Materialien, Nahrungs- und Futtermitteln. Da die Weltbevölkerung weiter wächst, steigt der Bedarf an Biomasse – und damit auch die Konkurrenz um begrenzte Landflächen.

Wird die Landnutzung durch den Menschen weiter ausgeweitet oder intensiviert, steigt der Druck auf Umwelt und Natur. Bioenergie muss daher unbedingt so erzeugt und genutzt werden, dass sie möglichst geringe Treibhausgasemissionen verursacht, die Artenvielfalt nicht gefährdet und die Qualität von Böden und Gewässern nicht verschlechtert.

Beim Anbau von Agrarpflanzen stellen Lachgasemissionen aus der Stickstoffdüngung die größte Emissionsquelle dar. Aber auch Änderungen in der Landnutzung können erheblich zum Klimawandel beitragen, insbesondere wenn Wälder durch Agrarland ersetzt werden. Denn Wälder speichern in Vegetation und Boden viel mehr Kohlenstoff als Äcker und Weideland. Führt der Anbau von Energiepflanzen dazu, dass Agrarflächen in anderen Gegenden – oft im nichteuropäischen Ausland – ausgeweitet werden, spricht man von indirekten Landnutzungsänderungen. Da deren Ausmaß umstritten ist, können die durch Bioenergie verursachten Treibhausgasemissionen kaum zuverlässig abgeschätzt werden.

Waldholz und Agrarrohstoffe energetisch zu nutzen birgt also große ökologische Risiken. Stattdessen sollte Bioenergie vor allem aus Rest- und Abfallstoffen produziert werden. Würde man das ungenutzte Potenzial an Restholz, Getreidestroh und tierischen Exkrementen heben und den Primärenergieverbrauch wie von der Bundesregierung angestrebt bis 2050 auf 2.000 Terawattstunden pro Jahr senken, könnten Rest- und Abfallstoffe 13 bis 17 Prozent der Primärenergie decken. Werden biobasierte Materialien schadstoffarm und recyclingfreundlich gestaltet, erleichtert das ihre anschließende energetische Verwertung (Kaskadennutzung).

Globale Potenziale


Biomasse wird auf den internationalen Märkten gehandelt. Die Bioenergienutzung in der Bundesrepublik hat somit globale Folgen. Schätzungen, wie groß die weltweit nachhaltig nutzbaren Bioenergiepotenziale in Zukunft sind, schwanken zwischen fünfzig Exajoule pro Jahr – das entspricht in etwa dem heutigen Verbrauch – und mehreren hundert Exajoule pro Jahr. Die Spannweite ist so groß, weil unklar ist, wie stark die landwirtschaftlichen Erträge gesteigert werden können und inwiefern es ungenutztes degradiertes Agrar- und Weideland gibt, auf dem Energiepflanzen angebaut werden könnten.

Einen großen Einfluss auf die verfügbaren Flächen haben auch zukünftige Ernährungsweisen. So könnten mit einer rein pflanzlichen Ernährung weltweit etwa doppelt so viele Menschen von der gleichen Fläche ernährt werden wie heute. Würden weniger Fleisch und Milchprodukte konsumiert, könnte das die Konflikte zwischen Ernährungssicherheit, Bioenergie und Naturschutz entschärfen.

CO2-Entnahme


Szenarien des Weltklimarates (IPCC) zeigen, dass selbst eine sehr schnelle und weitreichende Reduktion der Treibhausgasemissionen allein nicht ausreichen wird, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. Zusätzlich sind sogenannte „negative Emissionen“ erforderlich. Eine solche Möglichkeit, den CO2-Gehalt der Atmosphäre abzusenken, ist der Einsatz von Bioenergie mit Kohlendioxidabscheidung und -speicherung (BECCS): Wird Biomasse energetisch genutzt, wird das dabei entstehende Kohlendioxid abgetrennt und dauerhaft unterirdisch gespeichert.

Neben BECCS gibt es weitere CO2-Entnahmetechnologien. Dazu zählen unter anderem:

  • Aufforstung: Bäume nehmen CO2 auf und speichern den Kohlenstoff. Wird Holz geerntet und in langlebigen Produkten verbaut, kann das Speicherpotenzial erhöht werden.
  • Biokohle: Verkohlte Biomasse wird im Boden gespeichert. Die Verkohlung verhindert, dass der Kohlenstoff als CO2 freigesetzt wird.
  • Direct Air Capture: Kohlendioxid wird in technischen Anlagen mit chemischen Bindemitteln aus der Umgebungsluft aufgefangen, komprimiert und unterirdisch gelagert.

Während für Aufforstung, Biokohle und BECCS Anbauflächen benötigt werden, ist Direct Air Capture teurer, energieintensiv und logistisch aufwendig. Sowohl BECCS als auch Direct Air Capture erfordern die in Deutschland umstrittene CCS-Technologie. Voraussichtlich kann nur ein Technologiemix den Gesamtbedarf an negativen Emissionen decken. Soll BECCS einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, ist zu berücksichtigen, dass nicht alle Bioenergietechnologien gleichermaßen für die CO2-Abscheidung geeignet sind.

Klimapolitische Instrumente


Eine umfassende Bioenergiepolitik muss Energie-, Ressourcen- und Landnutzung integriert betrachten. Werden Rest- und Abfallstoffe künftig verstärkt energetisch genutzt, ergeben sich darüber hinaus enge Verknüpfungen zur Entsorgungswirtschaft. Die unterschiedlichen Instrumente in den einzelnen Politikbereichen müssen somit viel enger aufeinander abgestimmt werden als bisher.

Mit einem einheitlichen, ausreichend hohen CO2-Preis lassen sich die CO2-Emissionen der Bioenergie über den gesamten Lebenszyklus regulieren. Dieser muss alle Treibhausgase in allen Wirtschaftssektoren umfassen, insbesondere auch Emissionen aus der Landwirtschaft.

Alternativ oder ergänzend können diese Instrumente dazu beitragen, dass Bioenergie dem Klima nützt:

  • Nationale oder EU-weite gesetzliche Regelungen können sicherstellen, dass in Deutschland produzierte Biomasse nachhaltig erzeugt wird.
  • Alle Importe von Biomasse könnten zertifiziert werden. Neben Treibhausgasemissionen sollten die Zertifizierungen auch soziale und ökologische Nachhaltigkeitskriterien umfassen.
  • Um heimische und importierte Biomasse gleich zu behandeln, können die Treibhausgasemissionen von Importen mit einem Grenzsteuerausgleich versehen werden.

Eine Regulierung von Bioenergie allein kann jedoch weitere Entwaldung kaum verhindern, denn nur ein kleiner Teil der Agrarproduktion wird energetisch genutzt. Für einen effektiven Schutz der Wälder müssten diese Instrumente daher auf alle land- und forstwirtschaftlichen Produkte gleichermaßen angewendet werden.

Technologien


Im Energiesystem der Zukunft wird Bioenergie voraussichtlich anders genutzt als bisher. Aufgrund der begrenzten Biomassepotenziale sollte Bioenergie vor allem dort eingesetzt werden, wo andere erneuerbare Energien an ihre Grenzen stoßen. Indem sie die Schwächen von Wind- und Wasserkraft, Photovoltaik und Geothermie ausgleicht, kann sie einen wertvollen Beitrag zur Energiewende leisten.

  • Langfristig ist es sinnvoll, Biomasse vorwiegend zur Kraftstoffproduktion in Bereichen zu nutzen, in denen rein elektrische Antriebe nicht funktionieren, etwa im Flug-, Schiffs- oder Schwerlastverkehr.
  • Ein weiteres wichtiges Anwendungsfeld ist die Bereitstellung von Prozesswärme in der Industrie, da Biomasse und Biogas auch bei hohen Temperaturen verbrannt werden können.
  • In der Stromerzeugung sollte Bioenergie vor allem als Flexibilitätstechnologie dienen, zum Heizen sollte sie vorrangig in effizienten KWK-Anlagen genutzt werden.

Damit Bioenergie sowohl kurz- als auch langfristig einen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann, sollten einerseits bestehende Technologien wie Biomethanerzeugung und Kraft-Wärme-Kopplung  weiterentwickelt sowie andererseits neue Technologien wie BECCS und Bioraffinerien erforscht und  erfolgreich demonstriert werden.

Entwicklungspfade


In welchen Bereichen die Bioenergie künftig eingesetzt wird, hängt vor allem von drei Entwicklungen ab.

  • Erstens ist entscheidend, ob CCS als Teil der Klimaschutzstrategie akzeptiert wird. Lehnt die Gesellschaft dies ab, kann sie weder BECCS noch Direct Air Capture zur CO2-Entnahme nutzen. Stimmt sie dem Einsatz von CCS zu, muss zeitnah eine Infrastruktur für den Transport und die Speicherung von Kohlendioxid aufgebaut werden.
  • Zweitens ist offen, in welchem Umfang die Markteinführung von flüssigen Biokraftstoffen aus Lignozellulose (zum Beispiel Holz oder Stroh) gelingt. Um sie wettbewerbsfähig herzustellen, muss die Technologie für Bioraffinerien im industriellen Maßstab weiterentwickelt werden. Entscheidend ist zudem, wie sich die jeweiligen Märkte für Kraft- und Rohstoffe sowie Koppel- und Nebenprodukte entwickeln. Vielfach wird die Kraftstoffproduktion aus Lignozellulose erst in großen Anlagen wirtschaftlich – das widerspricht der heutigen dezentralen Bioenergienutzung.
  • Der Ausbau von Infrastrukturen zur Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) kann drittens dazu beitragen, Bioenergie flexibel zur Strom- und Wärmeerzeugung einzusetzen – sowohl in kleinen dezentraleren als auch in großen zentraleren Anlagen. Damit die Kraft-Wärme-Kopplung ihr volles Potenzial entfalten kann, müssen die Wärmenetze jedoch weiter ausgebaut und gefördert werden.

Rest- und Abfallstoffe können bereits kurz- bis mitelfristig verstärkt energetisch genutzt werden. Um sie effizient verarbeiten zu können, müssen die Anlagen technisch angepasst werden.

Wird Biogas zu Biomethan aufbereitet, kann es ins Erdgasnetz eingespeist und in allen Sektoren flexibel genutzt werden. Werden statt klassischer Energiepflanzen Rest- und Abfallstoffe sowie naturverträgliche Anbaukulturen (zum Beispiel Gräser) zu Biogas verarbeitet, verbessert sich die Umweltbilanz.

Umfassende Bioenergiestrategie


Da nicht für alle denkbaren Anwendungsfelder genügend Biomasse zur Verfügung steht, werden verschiedene Einsatzgebiete um die Biomassepotenziale konkurrieren. Eine umfassende Bioenergiestrategie muss sicherstellen, dass Bioenergie möglichst viel zum Klimaschutz und zu einer sicheren und bezahlbaren Energieversorgung beiträgt, Umwelt und Natur nicht belastet und gleichzeitig gesellschaftlich akzeptiert wird.

  • Der Einsatz integrierter Modelle von Energie- und Landnutzungssystemen ermöglicht es, verschiedene Biomasseszenarien zu bewerten und abzuschätzen, inwiefern mit ihrer Hilfe die Klimaschutzziele erreicht werden können. Um die Modelle entsprechend weiterentwickeln zu können, müssen die Chancen und Risiken der Technologien zur CO2-Entnahme systematisch erforscht werden.
  • Eine Plattform zur Diskussion der Transformationspfade könnte dabei helfen, Entwicklungspfade der Bioenergie aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten und einzuordnen. Sie sollte alle beteiligten Akteure an einen Tisch bringen: von Verbänden der Energie-, Land- und Forstwirtschaft über Umweltverbände und Verbraucherzentralen bis zu Vertreterinnen und Vertretern der Kommunen, Zivilgesellschaft und Bevölkerung.
  • Ein systematisches Monitoring mit geeigneten Indikatoren könnte auf die verschiedenen Entwicklungspfade angewendet werden. Erkenntnisse aus der Diskussionsplattform zu den verschiedenen Bewertungsaspekten sollten darin einfließen. Das so geschaffene Systemwissen kann dazu beitragen, die Bioenergienutzung systemdienlich weiterzuentwickeln.

Entscheidend ist, in der Diskussion den immensen klimapolitischen Handlungsdruck im Blick zu behalten und zu kommunizieren. So stellen CO2-Entnahmetechnologien wie BECCS keinesfalls eine Alternative, sondern eine Ergänzung zu ambitionierten CO2-Vermeidungsstrategien dar. Verzichtet Deutschland etwa gänzlich auf CCS und CO2-Entnahmetechnologien, wird es schwerer, vor allem Industrieprozesse klimafreundlich zu gestalten und unvermeidbare Emissionen aus der Landwirtschaft zu kompensieren.

In Kürze

  • Rest- und Abfallstoffe können risikoarm energetisch verwendet werden. In Deutschland gibt es große Potenziale an Restholz, Stroh und tierischen Exkrementen. Energetisch aufbereitet könnten diese bis zu 17 Prozent des zukünftigen deutschen Primärenergiebedarfs decken.
  • Für einen nachhaltigen Einsatz muss Bioenergie systemdienlich genutzt werden: Sie kann diejenigen Funktionen im Energiesystem übernehmen, für die andere Erneuerbare ungeeignet sind. Bioenergie könnte beispielsweise Schiffe und Flugzeuge antreiben oder Wärme für Industrieprozesse liefern.
  • Klimamodelle zeigen, dass der Atmosphäre künftig CO2 entnommen werden muss, um die Pariser Klimaziele zu erreichen Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um solche „negativen Emissionen“ zu erzeugen. Eine Option ist, Kohlendioxid in Bioenergieanlagen abzuscheiden und dauerhaft unterirdisch zu speichern (BECCS). Dieser Ansatz sollte bei künftigen Einsatzgebieten der Bioenergie mitbedacht werden.
  • Ein ausreichend hoher CO2-Preis und Zertifizierungssysteme können sicherstellen, dass Bioenergie dem Klima nützt. Sie sind am wirksamsten, wenn nicht nur Bioenergieträger, sondern alle landwirtschaftlichen Produkte darin einbezogen werden.

Treibhausgasbilanz von Bioenergie

Schon heute deckt Bioenergie ein Zehntel des Energiebedarfs in Deutschland. Biomasse wird jedoch nicht nur für die Energieversorgung benötigt, sondern auch zur Herstellung von Materialien, Nahrungs- und Futtermitteln. Da die Weltbevölkerung weiter wächst, steigt der Bedarf an Biomasse – und damit auch die Konkurrenz um begrenzte Landflächen.

Wird die Landnutzung durch den Menschen weiter ausgeweitet oder intensiviert, steigt der Druck auf Umwelt und Natur. Bioenergie muss daher unbedingt so erzeugt und genutzt werden, dass sie möglichst geringe Treibhausgasemissionen verursacht, die Artenvielfalt nicht gefährdet und die Qualität von Böden und Gewässern nicht verschlechtert.

Beim Anbau von Agrarpflanzen stellen Lachgasemissionen aus der Stickstoffdüngung die größte Emissionsquelle dar. Aber auch Änderungen in der Landnutzung können erheblich zum Klimawandel beitragen, insbesondere wenn Wälder durch Agrarland ersetzt werden. Denn Wälder speichern in Vegetation und Boden viel mehr Kohlenstoff als Äcker und Weideland. Führt der Anbau von Energiepflanzen dazu, dass Agrarflächen in anderen Gegenden – oft im nichteuropäischen Ausland – ausgeweitet werden, spricht man von indirekten Landnutzungsänderungen. Da deren Ausmaß umstritten ist, können die durch Bioenergie verursachten Treibhausgasemissionen kaum zuverlässig abgeschätzt werden.

Waldholz und Agrarrohstoffe energetisch zu nutzen birgt also große ökologische Risiken. Stattdessen sollte Bioenergie vor allem aus Rest- und Abfallstoffen produziert werden. Würde man das ungenutzte Potenzial an Restholz, Getreidestroh und tierischen Exkrementen heben und den Primärenergieverbrauch wie von der Bundesregierung angestrebt bis 2050 auf 2.000 Terawattstunden pro Jahr senken, könnten Rest- und Abfallstoffe 13 bis 17 Prozent der Primärenergie decken. Werden biobasierte Materialien schadstoffarm und recyclingfreundlich gestaltet, erleichtert das ihre anschließende energetische Verwertung (Kaskadennutzung).

Globale Potenziale

Biomasse wird auf den internationalen Märkten gehandelt. Die Bioenergienutzung in der Bundesrepublik hat somit globale Folgen. Schätzungen, wie groß die weltweit nachhaltig nutzbaren Bioenergiepotenziale in Zukunft sind, schwanken zwischen fünfzig Exajoule pro Jahr – das entspricht in etwa dem heutigen Verbrauch – und mehreren hundert Exajoule pro Jahr. Die Spannweite ist so groß, weil unklar ist, wie stark die landwirtschaftlichen Erträge gesteigert werden können und inwiefern es ungenutztes degradiertes Agrar- und Weideland gibt, auf dem Energiepflanzen angebaut werden könnten.

Einen großen Einfluss auf die verfügbaren Flächen haben auch zukünftige Ernährungsweisen. So könnten mit einer rein pflanzlichen Ernährung weltweit etwa doppelt so viele Menschen von der gleichen Fläche ernährt werden wie heute. Würden weniger Fleisch und Milchprodukte konsumiert, könnte das die Konflikte zwischen Ernährungssicherheit, Bioenergie und Naturschutz entschärfen.

CO2-Entnahme

Szenarien des Weltklimarates (IPCC) zeigen, dass selbst eine sehr schnelle und weitreichende Reduktion der Treibhausgasemissionen allein nicht ausreichen wird, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. Zusätzlich sind sogenannte „negative Emissionen“ erforderlich. Eine solche Möglichkeit, den CO2-Gehalt der Atmosphäre abzusenken, ist der Einsatz von Bioenergie mit Kohlendioxidabscheidung und -speicherung (BECCS): Wird Biomasse energetisch genutzt, wird das dabei entstehende Kohlendioxid abgetrennt und dauerhaft unterirdisch gespeichert.

Neben BECCS gibt es weitere CO2-Entnahmetechnologien. Dazu zählen unter anderem:

  • Aufforstung: Bäume nehmen CO2 auf und speichern den Kohlenstoff. Wird Holz geerntet und in langlebigen Produkten verbaut, kann das Speicherpotenzial erhöht werden.
  • Biokohle: Verkohlte Biomasse wird im Boden gespeichert. Die Verkohlung verhindert, dass der Kohlenstoff als CO2 freigesetzt wird.
  • Direct Air Capture: Kohlendioxid wird in technischen Anlagen mit chemischen Bindemitteln aus der Umgebungsluft aufgefangen, komprimiert und unterirdisch gelagert.

Während für Aufforstung, Biokohle und BECCS Anbauflächen benötigt werden, ist Direct Air Capture teurer, energieintensiv und logistisch aufwendig. Sowohl BECCS als auch Direct Air Capture erfordern die in Deutschland umstrittene CCS-Technologie. Voraussichtlich kann nur ein Technologiemix den Gesamtbedarf an negativen Emissionen decken. Soll BECCS einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, ist zu berücksichtigen, dass nicht alle Bioenergietechnologien gleichermaßen für die CO2-Abscheidung geeignet sind.

Klimapolitische Instrumente

Eine umfassende Bioenergiepolitik muss Energie-, Ressourcen- und Landnutzung integriert betrachten. Werden Rest- und Abfallstoffe künftig verstärkt energetisch genutzt, ergeben sich darüber hinaus enge Verknüpfungen zur Entsorgungswirtschaft. Die unterschiedlichen Instrumente in den einzelnen Politikbereichen müssen somit viel enger aufeinander abgestimmt werden als bisher.

Mit einem einheitlichen, ausreichend hohen CO2-Preis lassen sich die CO2-Emissionen der Bioenergie über den gesamten Lebenszyklus regulieren. Dieser muss alle Treibhausgase in allen Wirtschaftssektoren umfassen, insbesondere auch Emissionen aus der Landwirtschaft.

Alternativ oder ergänzend können diese Instrumente dazu beitragen, dass Bioenergie dem Klima nützt:

  • Nationale oder EU-weite gesetzliche Regelungen können sicherstellen, dass in Deutschland produzierte Biomasse nachhaltig erzeugt wird.
  • Alle Importe von Biomasse könnten zertifiziert werden. Neben Treibhausgasemissionen sollten die Zertifizierungen auch soziale und ökologische Nachhaltigkeitskriterien umfassen.
  • Um heimische und importierte Biomasse gleich zu behandeln, können die Treibhausgasemissionen von Importen mit einem Grenzsteuerausgleich versehen werden.

Eine Regulierung von Bioenergie allein kann jedoch weitere Entwaldung kaum verhindern, denn nur ein kleiner Teil der Agrarproduktion wird energetisch genutzt. Für einen effektiven Schutz der Wälder müssten diese Instrumente daher auf alle land- und forstwirtschaftlichen Produkte gleichermaßen angewendet werden.

Technologien

Im Energiesystem der Zukunft wird Bioenergie voraussichtlich anders genutzt als bisher. Aufgrund der begrenzten Biomassepotenziale sollte Bioenergie vor allem dort eingesetzt werden, wo andere erneuerbare Energien an ihre Grenzen stoßen. Indem sie die Schwächen von Wind- und Wasserkraft, Photovoltaik und Geothermie ausgleicht, kann sie einen wertvollen Beitrag zur Energiewende leisten.

  • Langfristig ist es sinnvoll, Biomasse vorwiegend zur Kraftstoffproduktion in Bereichen zu nutzen, in denen rein elektrische Antriebe nicht funktionieren, etwa im Flug-, Schiffs- oder Schwerlastverkehr.
  • Ein weiteres wichtiges Anwendungsfeld ist die Bereitstellung von Prozesswärme in der Industrie, da Biomasse und Biogas auch bei hohen Temperaturen verbrannt werden können.
  • In der Stromerzeugung sollte Bioenergie vor allem als Flexibilitätstechnologie dienen, zum Heizen sollte sie vorrangig in effizienten KWK-Anlagen genutzt werden.

Damit Bioenergie sowohl kurz- als auch langfristig einen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann, sollten einerseits bestehende Technologien wie Biomethanerzeugung und Kraft-Wärme-Kopplung  weiterentwickelt sowie andererseits neue Technologien wie BECCS und Bioraffinerien erforscht und  erfolgreich demonstriert werden.

Entwicklungspfade

In welchen Bereichen die Bioenergie künftig eingesetzt wird, hängt vor allem von drei Entwicklungen ab.

  • Erstens ist entscheidend, ob CCS als Teil der Klimaschutzstrategie akzeptiert wird. Lehnt die Gesellschaft dies ab, kann sie weder BECCS noch Direct Air Capture zur CO2-Entnahme nutzen. Stimmt sie dem Einsatz von CCS zu, muss zeitnah eine Infrastruktur für den Transport und die Speicherung von Kohlendioxid aufgebaut werden.
  • Zweitens ist offen, in welchem Umfang die Markteinführung von flüssigen Biokraftstoffen aus Lignozellulose (zum Beispiel Holz oder Stroh) gelingt. Um sie wettbewerbsfähig herzustellen, muss die Technologie für Bioraffinerien im industriellen Maßstab weiterentwickelt werden. Entscheidend ist zudem, wie sich die jeweiligen Märkte für Kraft- und Rohstoffe sowie Koppel- und Nebenprodukte entwickeln. Vielfach wird die Kraftstoffproduktion aus Lignozellulose erst in großen Anlagen wirtschaftlich – das widerspricht der heutigen dezentralen Bioenergienutzung.
  • Der Ausbau von Infrastrukturen zur Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) kann drittens dazu beitragen, Bioenergie flexibel zur Strom- und Wärmeerzeugung einzusetzen – sowohl in kleinen dezentraleren als auch in großen zentraleren Anlagen. Damit die Kraft-Wärme-Kopplung ihr volles Potenzial entfalten kann, müssen die Wärmenetze jedoch weiter ausgebaut und gefördert werden.

Rest- und Abfallstoffe können bereits kurz- bis mitelfristig verstärkt energetisch genutzt werden. Um sie effizient verarbeiten zu können, müssen die Anlagen technisch angepasst werden.

Wird Biogas zu Biomethan aufbereitet, kann es ins Erdgasnetz eingespeist und in allen Sektoren flexibel genutzt werden. Werden statt klassischer Energiepflanzen Rest- und Abfallstoffe sowie naturverträgliche Anbaukulturen (zum Beispiel Gräser) zu Biogas verarbeitet, verbessert sich die Umweltbilanz.

Umfassende Bioenergiestrategie

Da nicht für alle denkbaren Anwendungsfelder genügend Biomasse zur Verfügung steht, werden verschiedene Einsatzgebiete um die Biomassepotenziale konkurrieren. Eine umfassende Bioenergiestrategie muss sicherstellen, dass Bioenergie möglichst viel zum Klimaschutz und zu einer sicheren und bezahlbaren Energieversorgung beiträgt, Umwelt und Natur nicht belastet und gleichzeitig gesellschaftlich akzeptiert wird.

  • Der Einsatz integrierter Modelle von Energie- und Landnutzungssystemen ermöglicht es, verschiedene Biomasseszenarien zu bewerten und abzuschätzen, inwiefern mit ihrer Hilfe die Klimaschutzziele erreicht werden können. Um die Modelle entsprechend weiterentwickeln zu können, müssen die Chancen und Risiken der Technologien zur CO2-Entnahme systematisch erforscht werden.
  • Eine Plattform zur Diskussion der Transformationspfade könnte dabei helfen, Entwicklungspfade der Bioenergie aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten und einzuordnen. Sie sollte alle beteiligten Akteure an einen Tisch bringen: von Verbänden der Energie-, Land- und Forstwirtschaft über Umweltverbände und Verbraucherzentralen bis zu Vertreterinnen und Vertretern der Kommunen, Zivilgesellschaft und Bevölkerung.
  • Ein systematisches Monitoring mit geeigneten Indikatoren könnte auf die verschiedenen Entwicklungspfade angewendet werden. Erkenntnisse aus der Diskussionsplattform zu den verschiedenen Bewertungsaspekten sollten darin einfließen. Das so geschaffene Systemwissen kann dazu beitragen, die Bioenergienutzung systemdienlich weiterzuentwickeln.

Entscheidend ist, in der Diskussion den immensen klimapolitischen Handlungsdruck im Blick zu behalten und zu kommunizieren. So stellen CO2-Entnahmetechnologien wie BECCS keinesfalls eine Alternative, sondern eine Ergänzung zu ambitionierten CO2-Vermeidungsstrategien dar. Verzichtet Deutschland etwa gänzlich auf CCS und CO2-Entnahmetechnologien, wird es schwerer, vor allem Industrieprozesse klimafreundlich zu gestalten und unvermeidbare Emissionen aus der Landwirtschaft zu kompensieren.

Infografik

Wie kann Bioenergie im zukünftigen Energiesystem genutzt werden?

Bioenergie kann im Energiesystem viele verschiedene Funktionen einnehmen, aber ihre Potenziale sind begrenzt. Wie sie zukünftig eingesetzt wird, hängt auch von gesellschaftlichen Entscheidungen und technologischen Entwicklungen ab. Die Infografik zeigt mögliche Entwicklungspfade der zukünftigen Bioenergienutzung.

Bitte wählen Sie, wie sich das Umfeld der Bioenergienutzung entwickeln könnte!

Nutzungsoption:KWK-Strategie implementiertKraft-Wärme-Kopplung (KWK) ist die gleichzeitige Gewinnung von mechanischer Energie und nutzbarer Wärme für Heizzwecke oder für Industrieprozesse. Sie ermöglicht eine effiziente Strom- und Wärmeerzeugung aus Biogas, Holz oder Abfällen. Soll KWK mit Bioenergie zukünftig verstärkt genutzt werden, müssen die Wärmenetze ausgebaut werden. Obwohl KWK in vielen Energieszenarien eine wichtige Rolle spielt, werden derzeit Investitionen in Kraft-Wärme-Kopplung und Wärmenetze nur teilweise unterstützt.

Nutzungsoption:Technologien für flüssige Kraft­stoffe aus LignozelluloseBisher werden Biokraftstoffe aus ölhaltigen Pflanzen wie Raps (Biodiesel) oder stärkehaltigen Pflanzen wie Mais (Bioethanol) hergestellt. Der Anbau dieser Pflanzen benötigt aber Agrarfläche, Dünger und Pestizide und wirkt sich daher negativ auf Umwelt und Artenvielfalt aus. Nachhaltiger wäre es, Biokraftstoffe zukünftig aus Waldrestholz, Stroh oder anderen Abfall- und Reststoffen zu produzieren. Dafür sind spezielle Verfahren erforderlich. Die etablierten Anlagen zur Herstellung flüssiger Kraftstoffe sowie Biogasanlagen können Lignozellulose nicht verarbeiten.

Nutzungsoption:CCS ist Teil der Klimaschutz­­strategieKlimaschutzszenarien zeigen, dass in einigen Jahrzehnten Kohlendioxid aus der Atmosphäre entfernt werden muss. Eine Möglichkeit dafür ist Bioenergie mit Kohlendioxid-Abscheidung und -speicherung (BECCS). Die Funktionsweise: Pflanzen nehmen Kohlendioxid aus der Luft auf und bilden daraus energiereiche Verbindungen. Werden die Pflanzen dann zur Energiegewinnung eingesetzt, wird das dabei wieder entstehende Kohlendioxid abgetrennt und unterirdisch eingelagert. Die Speicherung des Kohlendioxids ist in Deutschland gesellschaftlich sehr umstritten.

Nutzungsoptionen

KWK-Strategie implementiert

Technologien für flüssige Kraftstoffe aus Lignozellulose

CCS ist Teil der Klimaschutz­strategie

Hauptanwendung

Weiterentwicklung heutiger Systeme

Kleine KWK

Kleine KWK und fortschrittliche Kraftstoffe

Fortschrittliche Kraftstoffe

Industrielle Prozess­wärme + CCS

H2 als Kraftstoff

Große KWK-Anlagen

Große KWK und H2 als Kraftstoff

Hauptanwendung:Weiterentwicklung heutiger SystemeHeute wird Holz meist zur Erzeugung von Heizwärme eingesetzt. Biogas wird in Blockheizkraftwerken verbrannt, um Strom und Wärme zu erzeugen. Diese Technologien können auch in Zukunft klimafreundlich Wärme und Strom liefern. Fehlen aber Wärmenetze, kann die in KWK-Anlagen erzeugte Wärme oft nicht vollständig genutzt werden. Zudem bietet ein Wärmenetz Pufferkapazität – Wärme- und Stromlieferungen aus KWK-Anlagen können stärker entkoppelt werden. Ohne Wärmenetze können KWK-Anlagen weniger gut dazu beitragen, die fluktuierende Einspeisung aus Windkraft- und Solaranlagen auszugleichen.

Biogas könnte zukünftig zu Biomethan aufbereitet werden. Biomethan kann über das bestehende Erdgasnetz transportiert und flexibel zur Wärme- und Stromerzeugung sowie in Erdgasfahrzeugen eingesetzt werden. Statt wie bisher aus Mais könnte Biogas zukünftig umweltfreundlicher aus Rest- und Abfallstoffen sowie Grasmischungen und bienenfreundlichen Blühpflanzen gewonnen werden.

Hauptanwendung:Kleine KWKWärme und Strom aus Bioenergie können am effizientesten in KWK-Anlagen erzeugt werden. Dafür braucht es eine KWK-Strategie, die den Ausbau der Wärmenetze vorantreibt und günstige energiewirtschaftliche Rahmenbedingungen für KWK-Anlagen schafft. Bei diesem Nutzungspfad besteht die Möglichkeit, kleine, dezentrale Anlagen einzusetzen. Diese werden von der Bevölkerung bevorzugt. Eine wichtige Technologie für solche Anlagen sind neben Biogasanlagen kleine Holzvergaser.

Sind an ein Wärmenetz neben KWK-Anlagen auch große Wärmespeicher, Solarthermie und Power-to-Heat-Anlagen angeschlossen, hilft das, die Stromversorgung zu stabilisieren: Wenn die Sonne scheint und der Wind weht, wandeln diese Anlagen überschüssigen Strom in Wärme um. In Dunkelflauten hingegen schließen die KWK-Anlagen Lücken in der Stromversorgung.

Hauptanwendung:Kleine KWK und fortschrittliche KraftstoffeSKraftstoffe aus Biomasse sind für das Energiesystem wertvoller als Strom oder Wärme aus dieser Energiequelle. Letztere lassen sich einfach und effizient mit Wind- und Solarstrom erzeugen. Eine Herstellung von Kraftstoffen aus Strom ist dagegen sehr aufwändig. Allerdings sind Bioraffinerien zur Kraftstofferzeugung Großanlagen, die eine entsprechende Logistik bei der Biomassebeschaffung bedingen. Biomasse, die heute meist lokal oder regional erzeugt, gehandelt und verwendet wird, müsste in überregionale Lieferstrukturen überführt werden. Die Auswirkungen auf lokale Anbieter und Nutzer der Biomasse sollten dabei berücksichtigt werden.

Biomasse, die auch weiterhin dezentral eingesetzt wird, kann am effizientesten zur Strom- und Wärmeerzeugung in KWK-Anlagen eingesetzt werden.

Hauptanwendung:Fortschrittliche KraftstoffeFür die Luftfahrt, Schifffahrt und Teile des Schwerlastverkehrs werden auch langfristig Kraftstoffe erforderlich sein. Zwar lassen sich Kraftstoffe mit Windkraft- und Solarstrom über sogenannte Power-to-X-Verfahren herstellen, dies ist aber teuer und aufwändig. Gelingt die Markteinführung von Kraftstoffen aus lignozellulosehaltigen Rest- und Abfallstoffen, könnten diese eine kostengünstigere Alternative sein. Dafür müssen die entsprechenden Verfahren weiterentwickelt werden. Insbesondere gilt es, Bioraffinerien im großtechnischen Maßstab zu entwickeln, eine hohe Anlagenverfügbarkeit zu erreichen und die Kosten zu senken.

Die jährlich etwa 300 Terawattstunden an Rest- und Abfallstoffen, die in Deutschland bei der Erschließung bisher ungenutzter Potenziale zur Verfügung stehen würden, könnten bei Berücksichtigung von Umwandlungsverlusten rund die Hälfte des zukünftigen Kraftstoffbedarfs decken – vorausgesetzt, große Teile des Verkehrs werden auf Elektromobilität umgestellt.

Hauptanwendung:Industrielle Prozesswärme + CCSWährend Heizwärme sich sehr effizient mit Wärmepumpen bereitstellen lässt, ist dies für industrielle Prozesswärme bei Temperaturen von mehreren hundert Grad nicht möglich. Hier bietet Biomasse als Brennstoff eine Alternative. Besonders unkompliziert lässt sich Biomethan einsetzen. Seine chemische Zusammensetzung gleicht Erdgas, das als Brennstoff in der Industrie weit verbreitet ist. Erdgas kann daher sukzessive durch Biogas ersetzt werden, ohne dass die Industrieprozesse dafür geändert werden müssten. Für den Transport kann das bestehende Erdgasnetz genutzt werden. Aber auch Holz und feste Rest- und Abfallstoffe können als Brennstoffe eingesetzt werden.

Da größere Industriestandorte möglicherweise ohnehin an eine Infrastruktur zur CO2-Abscheidung und -speicherung angeschlossen werden, könnte hier auch Bioenergie mit Carbon Capture and Storage (BECCS) erprobt werden. In Klimaschutzszenarien werden BECCS-Technologien teilweise in großem Umfang eingesetzt.

Hauptanwendung:H2 als KraftstoffIn Bioraffinerien können sowohl kohlenstoffhaltige Kraftstoffe als auch Wasserstoff aus Biomasse erzeugt werden. Wasserstoff bietet insbesondere Vorteile, wenn die Bioraffinerie mit CCS (Carbon Capture and Storage) kombiniert werden soll. Denn bei der Herstellung von Wasserstoff (H2) wird der gesamte Kohlenstoff, der in der Biomasse enthalten ist, zu CO2 umgewandelt und kann abgeschieden und gespeichert werden. Werden hingegen Kraftstoffe wie Kerosin oder Benzin erzeugt, verbleibt ein großer Teil des Kohlenstoffs im Kraftstoff und lässt sich nicht abscheiden und speichern. Die Wasserstofferzeugung bietet damit ein besonders hohes Potenzial für „negative Emissionen“.

Inwieweit Wasserstoff zukünftig im Energiesystem eingesetzt wird, hängt davon ab, ob eine entsprechende Infrastruktur errichtet wird.

Hauptanwendung:Große KWK-AnlagenGroße KWK-Anlagen ermöglichen es, die effiziente Strom- und Wärmeerzeugung mit der Abscheidung von CO2 zu kombinieren. Das abgeschiedene CO2 ließe sich speichern (Carbon Capture and Storage, CCS) und so der Atmosphäre CO2 entziehen.

Eine wichtige Voraussetzung für diesen Entwicklungspfad ist der Ausbau der Wärmenetze. Denn gerade bei großen KWK-Anlagen wird es ohne Wärmenetze kaum möglich sein, die erzeugte Wärme potenziellen Verbrauchern zuzuführen und effizient zu nutzen.

Hauptanwendung:Große KWK und H2 als KraftstoffEntscheidet sich die Gesellschaft für CCS (Carbon Capture and Storage) als Teil der Klimaschutzstrategie, könnten vorrangig Bioenergietechnologien genutzt werden, die eine möglichst vollständige CO2-Abscheidung erlauben. Dies ist zum einen die Herstellung von Wasserstoff in Bioraffinerien und zum anderen die Erzeugung von Strom und Wärme in großen KWK-Anlagen. Damit beide Technologien großflächig zum Einsatz kommen können, müssen sowohl die Wärmenetze ausgebaut als auch eine Infrastruktur für den Transport und die Nutzung des Wasserstoffs (zum Beispiel in Brennstoffzellenfahrzeugen) errichtet werden.

Sind die Rahmenbedingungen für beide Technologiepfade günstig, werden sie um die begrenzten Biomassepotenziale konkurrieren.

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Infografik als PDF

AG-Leiter

Publikationen

Stellungnahme

Biomasse im Spannungsfeld zwischen Energie- und Klimapolitik. Strategien für eine nachhaltige Bioenergienutzung

Als vielfältigster Energieträger unter den Erneuerbaren kann Bioenergie einen Teil der Klimaschutzlücke schließen. Sie muss dafür jedoch nachhaltiger hergestellt und eingesetzt werden als bisher. Die Stellungnahme zeigt auf, wie Bioenergie systemdienlich im Energiesystem genutzt werden kann.

Analyse

Biomasse im Spannungsfeld zwischen Energie- und Klimapolitik. Potenziale - Technologien - Zielkonflikte

Bioenergie kann vielfältig im Energiesystem genutzt werden, etwa als Kraftstoff im Verkehr, zur Wärmeerzeugung oder zur Stromproduktion. Aber wo sind die begrenzten Biomassepotenziale am sinnvollsten einsetzbar? Und wie viel Bioenergie kann nachhaltig genutzt werden, wenn man den Nahrungsmittelbedarf der wachsenden Weltbevölkerung und die steigende Nachfrage nach klimafreundlichen Produkten und Materialien aus Biomasse bedenkt?

Materialien

Interdisziplinäres Bewertungsinstrument für Bioenergie-Entwicklungspfade

Um aufzuzeigen, wie Bioenergie nachhaltig im zukünftigen Energiesystem verwendet werden kann, hat eine interdisziplinäre ESYS-Arbeitsgruppe jeweils zwei mögliche Entwicklungspfade für die Nutzung von Lignozellulose und vergärbaren Abfällen analysiert und bewertet. Dieser Steckbrief enthält eine ausführliche Beschreibung der ausgewählten Kriterien, Indikatoren und der jeweils zugeordneten Bewertungsskalen sowie der untersuchten Bioenergietechnologien.

Experteninterview

Wie kann Bioenergie nachhaltig im Energiesystem eingesetzt werden?

Prof. Dr.-Ing. Daniela Thrän
UFZ / DBFZ
Prof. Dr. Gernot Klepper
IfW