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Inflation Reduction Act & Net Zero Industry Act: Wie viel Industriepolitik braucht die Energiewende?

08. Mai 2023

Um den Klimaschutz voranzubringen und gleichzeitig die Wirtschaft zu stärken, setzen immer mehr Staaten auf Subventionsprogramme. Auch die USA und die EU haben 2023 Initiativen vorgestellt, die die heimische Produktion grüner Technologien unterstützen sollen. Doch wie viel Industriepolitik ist für eine erfolgreiche Energiewende nötig, und wie kann sie sinnvoll ausgestaltet werden? Diese Fragen standen im Zentrum eines ESYS-Deep Dive am 14. April.

Zum Auftakt der Veranstaltung stellte Karen Pittel (ifo Institut und ESYS-Direktorium) die Eckpunkte des US-amerikanischen Inflation Reduction Act (IRA) und des europäischen Net Zero Industry Act (NZIA) vor: Während der IRA konkrete Subventionsmaßnahmen zur Förderung nachhaltiger Technologien und sogenannte „Local Content Rules“ enthält, beschreibt der NZIA Ziele wie die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, das Aufstellen von Nachhaltigkeits- und Resilienzkriterien für öffentliche Beschaffung oder den Aufbau von Produktionskapazitäten für strategische Technologien. Obwohl der NZIA keine neuen Subventionen beinhaltet, steht das aktuelle Gesamtfördervolumen der EU für grüne Technologien (zum Beispiel Next Generation EU mit 2,33 Prozent des BIP) nicht hinter dem der USA (1,58 Prozent des BIP) zurück.

Impulse für eine mögliche europäische Industriepolitik lieferten Christoph M. Schmidt (RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung und ESYS-Kuratorium), Mathias Zelinger (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau VDMA) und Tilman Schwencke (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft, BDEW). Der IRA habe das Potenzial, durch einen größeren Standortwettbewerb und kostengünstige Bereitstellung grüner Technologien den Klimaschutz weltweit voranzubringen, stelle aber auch einen Weckruf für die EU dar, so die Experten. Aus ihrer Sicht dürfe eine Antwort der EU nicht aus neuen kleinteiligen Subventionsprogrammen bestehen. Stattdessen sei eine klare und ganzheitliche Industriestrategie nötig, die sich an marktwirtschaftlichen Prinzipien orientiere. Eine wichtige Rolle spielten die Diversifizierung globaler Lieferketten und das Etablieren internationaler Partnerschaften etwa für den Import grünen Wasserstoffs.

Während die europäischen Förderprogramme sich bislang zumeist auf den Bereich der Forschung und Entwicklung konzentrierten, sei die Umsetzung in unternehmerisches Handeln noch schwierig. Förderprogramme mit langer Laufzeit und vereinfachten Bewerbungsverfahren könnten hier die Planbarkeit für neue Projekte verbessern. Um private Investitionen anzureizen, sei zudem die Gesamtheit der Standortfaktoren wichtig: der Ausbau der Infrastrukturen etwa für den Wasserstoffhochlauf, ein angepasstes Strommarktdesign sowie die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren.

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