Podium acatech am Dienstag: von links Martin Elsberger (Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie), Christian Rehtanz (TU Dortmund), Michael Weinhold (Siemens AG), Herbert Barthel (BUND Naturschutz Bayern e.V.) © acatech

Stromnetzausbau für das Energiesystem der Zukunft

06. April 2017

Welche Rolle spielt der Stromnetzausbau für das Gelingen der Energiewende in Deutschland? Sind Erdkabel oder Freileitungen die bessere Lösung für die künftige Versorgung? Diese Fragen erörterten die Mitglieder des Akademienprojekts ESYS Michael Weinhold (Siemens AG) und Christian Rehtanz (TU Dortmund) gemeinsam mit Herbert Barthel (BUND Naturschutz Bayern e.V.) und Martin Elsberger (Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie) am 4. April in einer Veranstaltung der Reihe „acatech am Dienstag“.

Quer durch Deutschland sollen mehrere unterirdische Gleichstromtrassen gebaut werden. Sie sollen den in Windparks produzierten Strom vom Norden Deutschlands nach Bayern und in andere südliche Bundesländer bringen. Die Experten aus den Bereichen Energieforschung, -wirtschaft und -politik diskutierten, welche Vor- und Nachteile die geplanten Erdkabel gegenüber Freileitungen haben. Beispielsweise stören die unterirdischen Kabel nicht so sehr das Landschaftsbild, aber sie zu errichten ist deutlich teurer als der Bau von Freileitungen. Themen wie Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und öffentliche Akzeptanz beim Aufbau erneuerbarer Energiesysteme spielten in der Diskussion eine zentrale Rolle.

In seinem Impulsvortrag erklärte Martin Elsberger, dass die frühzeitige Einbindung der Öffentlichkeit zu einer Versachlichung der Diskussion um die neuen Gleichstromleitungen beigetragen hat. Er verwies auf die Taskforce Netzausbau, die als zentrale Informationsplattform zum Ausbau von Stromtrassen in Bayern dient. Nach den Worten von Herbert Barthel sollten für den Netzausbau zuerst Energiesysteme modelliert werden, die dezentral und verbrauchsnah Strom aus Wind und Sonne erzeugen und den Energiebedarf der näheren Umgebung decken. Auf diese Weise ließe sich die Erfordernis neuer Stromtrassen minimieren.

Ansprechpartner

Michael Weinhold argumentierte, dass eine dezentrale Versorgung teurer würde als ein mittels Übertragungsleitungen vernetztes Energiesystem, das beispielsweise die besseren Standortbedingungen für Windkraft im Norden der Bundesrepublik nutzt. Er verwies in diesem Zusammenhang auf die Ergebnisse der ESYS-Studie „Flexibilitätskonzepte für die Stromversorgung 2050“. Auch Christian Rehtanz betonte, dass die Energiesysteme der Zukunft erneuerbare Energien an den optimalen Standorten gewinnen sollten. Daraus folge ein Leitungsausbau, wie er auch in anderen Ländern zu beobachten sei. Dabei seien Freileitungen günstiger und weniger störanfällig als Erdkabel, die wiederum von den Anwohnerinnen und Anwohnern besser angenommen werden.

Die Diskutanten waren sich einig, dass das gemeinsame Ziel der Energiewende nur im engen Austausch von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft gelingen kann. Das Ziel sei eine nachhaltige, bezahlbare und sichere Energieversorgung, die den Interessen der Bevölkerung und den Ansprüchen des Natur- und Umweltschutzes gerecht wird. Je nach Standort müsse diese Abwägung getroffen werden.