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Leitlinien für transparente Energieszenarien

11. Januar 2016

Energieszenarien haben großen Einfluss auf politische Entscheidungen. Umso wichtiger ist es, dass die Rechenmodelle und die Ergebnisse nachvollziehbar sind. acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften, die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina und die Union der deutschen Akademien der Wissenschaften sprechen sich in einer Stellungnahme dafür aus, Standards für Energieszenarien in der Politikberatung einzuführen.

Energiepolitische Entscheidungen wirken bis weit in die Zukunft. So haben Großkraftwerke nicht nur eine mehrjährige Planungsphase, sondern sind auch erst nach etwa 30 Jahren Laufzeit abgeschrieben. Der Strombedarf im Jahr 2050 wiederum hängt auch davon ab, ob wir bis dahin mit Strom auch heizen und Elektroautos antreiben. Um solche Entwicklungen abschätzen zu können, geben Ministerien, Verbände, Unternehmen und Umweltorganisationen Szenarien in Auftrag – oft mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Welche Szenarien sind also besonders aussagekräftig? Um das zu bewerten, müssen die Ergebnisse überprüfbar sein.  In der Stellungnahme „Mit Energieszenarien gut beraten“ hat eine Arbeitsgruppe des Akademienprojekts „Energiesysteme der Zukunft“ (ESYS) Leitlinien für mehr Transparenz zusammengestellt.

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„Die meisten Szenarien beruhen auf mathematischen Modellen. Diese müssen wissenschaftlich valide, das heißt mit anerkannten Methoden erstellt sein“, erläutert Prof. Armin Grunwald vom Karlsruher Institut für Technologie, der die Arbeitsgruppe leitet. Um die Ergebnisse einer Szenariostudie überprüfen zu können, müssen unabhängige Fachleute sie also nachrechnen können. Frei verfügbare Open-Source-Modelle würden hier maximale Transparenz schaffen. Viele beauftragte Institute legen die Quelltexte ihrer Modelle jedoch nicht offen, weil sie zu ihrem Betriebskapital gehören. Daher schlagen die Akademien vor, dass die Daten und Algorithmen zumindest einem Gutachterkreis zur Verfügung gestellt werden.

Eine weitere Option zur Verbesserung der derzeitigen Praxis: Würden öffentliche Institutionen einheitliche Referenzdaten und -annahmen zur Verfügung stellen, ließen sich unterschiedliche Energieszenarien besser miteinander vergleichen. Ressortforschungseinrichtungen wie das Umweltbundesamt könnten diese Daten erheben und pflegen.

Auch die aus den Modellrechnungen abgeleiteten Schlussforderungen für die Energiepolitik sollten ausführlich erklärt und begründet werden, und zwar möglichst allgemeinverständlich. „Denn nur wenn sich Medien und Zivilgesellschaft an der Diskussion über die Energiesysteme der Zukunft beteiligen können, leisten Energieszenarien einen legitimen Beitrag zur demokratischen Meinungsbildung“, so Armin Grunwald. Dabei spielen auch Unsicherheiten und Annahmen eine große Rolle: Kennzahlen wie künftige Rohstoff- oder CO2-Preise lassen sich nur schwer vorhersagen. Weil solche Annahmen die Ergebnisse stark beeinflussen können, sollten sie in der Dokumentation ausführlich erläutert werden. Darüber hinaus dürfen Studien nicht verzerrt werden, indem bestimmte Szenarien oder Ergebnisse ausgeschlossen werden. Sollen etwa nur solche Szenarien untersucht werden, die bestimmte energiepolitische Ziele erfüllen, müsste dies transparent gemacht werden.

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