© acatech/Leopoldina/Akademieunion

Akademien veröffentlichen Analyse „Wechselwirkungen im Energiesystem“

20. Februar 2015

Der wachsende Anteil erneuerbarer Energien am deutschen Stromsystem hat keine Auswirkungen auf den CO2-Ausstoß in Europa, denn die Treibhausgasmenge wird durch das Europäische Emissionshandelssystem bestimmt. Eingriffe in das Energiesystem können häufig unerwartete Effekte hervorbringen. Eine Ad-hoc-Arbeitsgruppe des Akademienprojekts „Energiesysteme der Zukunft“ hat solche Wechselwirkungen untersucht. Die von Ferdi Schüth, Vizepräsident der Max-Planck-Gesellschaft, geleitete Arbeitsgruppe beschreibt Systemeffekte im Kontext der Energiewende.

Das Energiesystem ist weit mehr als die Summe seiner technischen Anlagen. Die Entwicklung der Energieversorgung wird auch von wirtschaftlichen, regulatorischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen geprägt. Ebenso komplex wie das Energiesystem sind die Wechselwirkungen, die Eingriffe in das System auslösen: „Eine möglichst genaue Kenntnis dieser systemischen Wechselwirkungen kann dazu beitragen, die Energiewende so zu gestalten, dass ihre Ziele möglichst effizient und effektiv erreicht werden“, sagt Arbeitsgruppenleiter Ferdi Schüth.

Anhand konkreter Beispiele beschreibt die Arbeitsgruppe Wirkmechanismen im Energiesystem und bewertet einzelne regulatorische Maßnahmen im Hinblick auf die Energiewende-Ziele. Neben dem Stromsystem adressieren die Autoren auch die Bereiche Wärme und Mobilität.

Ansprechpartnerin

Unter anderem erörtern sie das Zusammenspiel zwischen der Förderung erneuerbarer Energien in Deutschland und dem Europäischen Emissionshandelssystem (ETS): Da die Gesamtmenge an CO2-Emissionen in Europa über den Emissionshandel festgelegt ist, führt die Förderung der Erneuerbaren Energien in Deutschland nicht zu einer Minderung des Treibhausgasausstoßes in Europa.

Der Emissionshandel erfasst zudem nicht den gesamten europaweiten Ausstoß an Treibhausgasen. Steigende Preise für CO2-Zertifikate können deshalb dazu führen, dass Emissionen auf nicht ETS-pflichtige Sektoren und Technologien verlagert werden (carbon leakage). Ein Beispiel: Die Begrenzung von Emissionen durch den Emissionshandel gilt nur für große Kraftwerke, nicht aber für kleine, dezentrale Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK). Ein zu starker Ausbau dezentraler KWK-Anlagen, bei denen kein Anreiz zur CO2-Reduktion besteht, kann deshalb sogar zu einem verstärkten Ausstoß von Treibhausgasen führen.

Umgekehrt kann der Ausbau der Elektromobilität CO2-Emissionen in Europa verringern – unabhängig davon, ob in der Summe Energie gespart wird. Denn der Strom für Elektrofahrzeuge wird größtenteils in emissionshandelspflichtigen Kraftwerken erzeugt. Steigt durch erhöhten Stromverbrauch der CO2-Ausstoß der Kraftwerke, muss dieser an anderer Stelle gesenkt werden.

Mit ihrer Analyse beleuchtet die Arbeitsgruppe um Ferdi Schüth schlaglichtartig die komplexen Systemzusammenhänge im „Maschinenraum“ der Energiewende. Auf diese Weise möchte sie die Diskussion im Spannungsfeld zwischen Zielen und Maßnahmen der Energiepolitik fundieren.

Weitere Informationen