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Der Transport und die Kosten von Wasserstoffimporten

19. August 2022

Wasserstoff wird zum Importgut. Aber woher er dann kommt, steht noch nicht fest. Die jüngste ESYS-Analyse zeigt: Es gibt eine Reihe möglicher Lieferländer. Die Herausforderung wird sein, zeitnah die nötigen Infrastrukturen und entsprechende Handelsbeziehungen für die Einfuhr aufzubauen. Am 1. August wurden die Ergebnisse einer ESYS-Arbeitsgruppe zum Thema einem Fachpublikum vorgestellt und diskutiert. Die Forschenden beantworteten unter anderem die Frage, ob es eine optimale Transportoption gibt.

Die Online-Veranstaltung fokussierte sich auf die aktuell veröffentlichte Analyse „Optionen für den Import grünen Wasserstoffs nach Deutschland bis zum Jahr 2030“. Erarbeitet wurde sie von einer interdisziplinären Arbeitsgruppe (AG) des Akademienprojekts „Energiesysteme der Zukunft“ (ESYS). Etwa 240 Teilnehmer*innen wollten mehr über das Papier wissen und die Ergebnisse diskutieren.

Notwendigkeit und Möglichkeit: Deutschland braucht Wasserstoff und kann ihn importieren

Zu Beginn skizzierte AG-Leiter Frithjof Staiß (Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg), wie wichtig Wasserstoff für Deutschland ist. Manche Sektoren, wie die Chemie- und Stahlindustrie, lassen sich nur schwer oder gar nicht direkt elektrifizieren. Wasserstoff könnte helfen, diese Bereiche klimaneutral zu gestalten. Aber die benötigten Mengen an Wasserstoff kann Deutschland nicht vollständig selbst herstellen. Also müsse Deutschland (grünen) Wasserstoff importieren, und dafür zeitnah Infrastrukturen, Importrouten und Handelsbeziehungen aufbauen.

Gegenwärtig verbraucht die Bundesrepublik laut der Nationalen Wasserstoffstrategie rund 55 Terawattstunden Wasserstoff pro Jahr. Der Bedarf könnte jedoch bis 2030 auf 90 bis 100 Terawattstunden ansteigen. Bei einer, von der Bundesregierung geplanten, Elektrolysekapazität von jährlich 10 Gigawatt im Jahr 2030 würde Deutschland dann voraussichtlich knapp 30 Terawattstunden grünen Wasserstoff selbst erzeugen. Für den Rest bräuchte es Importe.

Vor diesem Hintergrund stellten Philipp Stöcker (RWTH Aachen und ESYS) und Maike Schmidt (Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg) die Analyseergebnisse vor. Der Transport kann per Schiff oder Pipeline geschehen. Mit einem Zeithorizont bis 2030 hat die Arbeitsgruppe für verschiedene Transportoptionen jeweils die Kosten errechnet.

Für mittlere Distanzen bis etwa 4.000 Kilometer bewerten die Fachleute den Transport von komprimiertem Wasserstoff über Pipelines als die wirtschaftlich vorteilhafteste Variante. Wenn die Entfernung größer ist, bietet sich ein Schifftransport von Syntheseprodukten eher an. Mit Resultaten wie diesen lassen sich Aussagen darüber treffen, ob importierter grüner Wasserstoff oder seine Derivate im Vergleich zu herkömmlichen fossilen Produkten zukünftig wettbewerbsfähig sind.

Neben den Kosten der jeweiligen Transportoptionen erläuterten Philipp Stöcker und Maike Schmidt stellvertretend für die Arbeitsgruppe die angewandte Methodik sowie Vor- und Nachteilen einzelner Transportoptionen. Zudem beschrieben sie, welche Aspekte bei der Bewertung von potenziellen Exportländern und dem Aufbau von Importinfrastrukturen zu berücksichtigen sind.  

Von der Manufaktur in die industrielle Fertigung: Rasches Handeln und essenzielle Technologien

In der anschließenden Podiumsdiskussion besprachen vier Gäste die Analyseergebnisse und erörterten diese im Zusammenhang einer global vernetzten Wasserstoffwirtschaft. Es diskutierten: Maike Schmidt, Falko Ueckerdt (Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung/Kopernikus-Projekt „Ariadne“), Christiane Pyka (Bundesministerium für Bildung und Forschung, BMBF) und Wolfram Wilde (Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, BMWK).

Im Gespräch zeigte sich, dass nur wenige Jahre zur Verfügung stehen, um die Weichen für eine grüne Wasserstoffwirtschaft zu stellen und international wettbewerbsfähig zu werden. Während die nötigen Technologien wie Elektrolyseanlagen noch den Markthochlauf schaffen müssen, ist eine kalkulierbare Nachfrage für Investor*innen wichtig. Zugleich sollten die Pflöcke für internationale Handelsbeziehungen zu fairen Bedingungen eingeschlagen werden. Angesichts dieser Herausforderungen besteht weiterhin Forschungs- und Entwicklungsbedarf, beispielsweise bei der Bereitstellung klimaneutraler Kohlenstoffe. Nun gelte es, schnell ins Handeln zu kommen und die Erfahrungen der anstehenden Jahre als aktiven Lernprozess zu begreifen.

Ansprechpartnerinnen

  • Sven Wurbs
  • Wissenschaftlicher Referent
  • Energiesysteme der Zukunft

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