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Mit Mut in die Zukunft – neue Perspektiven für die Energiewende

14. Dezember 2020

Dass das Jahr 2020 für ESYS ein außergewöhnliches war, zeigte sich direkt zu Beginn der 7. ESYS-Konferenz, die erstmals im Online-Format stattfand. Doch auch über corona-verwandte Themen hinaus ist viel passiert: Eine bedeutende Wegmarke in der Geschichte des Akademienprojekts stellte die Evaluation durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Juni dar, in der ESYS und seine Entwicklung begutachtet wurden. Eine schöne Gelegenheit, bereits Erreichtes zu würdigen und Ideen für die Weiterentwicklung zu sammeln.

Die Energiewende historisch betrachtet

Einen spannenden Einstieg in die inhaltliche Diskussion gestaltete Jürgen Renn (Direktor am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte und ESYS-Direktoriumsmitglied) mit seinem Impuls zu „Herausforderungen der Energiewende aus historischer Perspektive“. In der historischen Betrachtung zeigte sich, dass die Menschheit bereits mehrfach Energiewenden erlebt und gestaltet hat, beispielsweise von Brennholz, Wind- und Wasserkraft hin zu fossiler Kohle und später zu Öl und Gas.

Dennoch zeichnet sich die gegenwärtige Energiewende laut Jürgen Renn durch Alleinstellungsmerkmale aus, die in der Menschheitsgeschichte einzigartig sind: die zeitliche Dringlichkeit, den nötigen systemischen Ansatz und die Notwendigkeit, globale Lösungen zu finden.

Zudem sei die heutige Energiewende nicht von einer Knappheit von Energieträgern gekennzeichnet, sondern von deren Überfluss: Ein Großteil der fossilen Reserven muss aus Gründen des Klimaschutzes unangetastet bleiben. Anders als bei vorherigen Energiewenden ist es daher nicht möglich, die alten Energieträger über einen längeren Zeitraum parallel zu den neuen Energiequellen weiterzunutzen.

Worauf kommt es jetzt an?

Auf die Vorstellung der neuen Arbeitsgruppen zu den Themen Wasserstoff, Stromhandel und Integriertes Energiesystem folgte eine Keynote von Andreas Feicht, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi). Unter der Fragestellung „Worauf kommt es jetzt in der Energiewende an?“ wurde deutlich, wie fundamental der vor uns liegende Transformationspfad ist, da es nicht nur darum geht, Emissionen zu reduzieren: Die angepeilte Netto-Null bedeutet, dass wir auch die letzten – und steinigsten – Meter auf dem Weg zur Klimaneutralität gehen müssen.

Das Spannungsfeld, in dem sich die Energiewende entfaltet, zeigte sich in der anschließenden Diskussion. Flächenkonflikte und Bürgerbedenken stünden beispielsweise in Opposition zu den verhältnismäßig günstigen Kosten, die der Zubau von Photovoltaik-Anlagen auf Freiflächen ermögliche. Auch Kostenerleichterungen für einzelne Branchen seien differenziert zu betrachten. So könne die Befreiung der Elektrolyse von der EEG-Umlage zwar als industriepolitisch richtige Maßnahme betrachtet werden, werfe aber auch die Frage auf, warum zum Beispiel Rechenzentren, die ebenfalls eine zentrale Rolle für die Innovationskraft der Bundesrepublik spielen, nicht befreit werden.

Als Manko in der öffentlichen Debatte wurde benannt, dass der Fokus oft auf Ausbauzielen liege, während Fragen der systemischen Integration vernachlässigt werden, beispielsweise die Rolle des Marktdesigns oder der Stellenwert der Digitalisierung. Viele für die Systemintegration essentielle Technologien wie Smart Meter rechnen sich anfangs nicht. Hieraus resultiere eine Vermeidungsdebatte – Zeit und die nötige Schwungmasse für Innovationen gingen verloren.

Auch die internationale Dynamik erwies sich als vielschichtig. So gebe es zurzeit sehr ermutigende Signale für die globale Kooperation beim Klimaschutz, die durch einen stärkeren Impuls der G20 bekräftigt werden könnten. Zugleich sei beim Thema Wasserstoff das Rennen um die besten Marktpositionen eröffnet. Um die Wasserstoffwirtschaft in Gang zu kriegen, müsse die gesamte Wertschöpfungskette erschlossen werden. Sowohl Herstellung als auch Einsatz dieses Energieträgers müssten unterstützt werden, damit beides wirtschaftlich darstellbar wird.

Nach diesen vielfältigen Perspektiven auf die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Energiewende war klar: Auch 2021 wird für ESYS ein arbeitsreiches, interessantes und spannendes Jahr.

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