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Eine Vision für die Energiewende gestalten

29. Januar 2020

Umfragen zeigen, dass ein Großteil der Gesellschaft die Energiewende befürwortet. Dennoch ist ihre Umsetzung ins Stocken geraten. Könnte eine gemeinsame Vision für die Energiewende helfen, diesen Widerspruch aufzulösen? Dieser Frage geht das von der innogy Stiftung geförderte Projekt EnVision nach. Zum Auftakt am 28. Januar diskutierten Fachleute aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft über Spannungsfelder und Wertekonflikte in der Energiewende. acatech und die HUMBOLDT-VIADRINA Governance-Platform richten das Projekt gemeinsam aus.

Das Klimapaket der Bundesregierung, der Beschluss zum Kohleausstieg, der European Green Deal – in den letzten Monaten ist einiges passiert in der Energie- und Klimapolitik. Dieser Trend soll sich fortsetzen: Das Bundeswirtschaftsministerium hat den Ausbau der Stromnetze zur Chefsache erklärt, ein neues Gesetz zum Ausbau der erneuerbaren Energien soll noch im Frühjahr verabschiedet werden. Doch es herrscht Uneinigkeit, ob es so gelingen wird, den Stillstand in der Energiewende aufzubrechen: Einigen gehen die Maßnahmen nicht weit genug; andere sorgen sich um die Arbeitsplätze, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen und europäischen Wirtschaft und die hohen Kosten, sollten die Vorhaben nicht klug umgesetzt werden.

Daran wird deutlich: Die Energiewende steckt voller Widersprüche und Spannungsfelder. Wie können diese Konflikte aufgelöst werden? Dieser Frage widmet sich das Projekt „EnVision – Eine Vision für die Energiewende gestalten“ von acatech und der HUMBOLDT-VIADRINA Governance Platform. Auf der Auftaktveranstaltung am 28. Januar diskutierten 17 Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, welche Entwicklungen die Energiewende derzeit ausbremsen und wie bestehende Widersprüche und Spannungsfelder überwunden werden könnten. Eine zentrale Frage war, ob dazu eine gemeinsame Vision notwendig sei und wie diese gestaltet werden müsste, um die Mehrheit der Gesellschaft zu motivieren.

Ansprechpartner

Eröffnet wurde die Veranstaltung von Reinhard F. Hüttl, Vizepräsident von acatech. „Es braucht einen gesellschaftlichen Konsens für eine emissionsarme Zukunft. Wir brauchen eine gemeinsame Vision. Aber diese Vision muss auch erreichbar sein“, erklärte Reinhard Hüttl. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Veranstaltung vertraten verschiedene Auffassungen zum Nutzen einer Vision für die Energiewende. Grundsätzlicher Tenor: Zukunftsbilder können einen wichtigen Beitrag leisten, sofern sie glaubwürdig und vertrauensbildend entwickelt werden. Doch eine einzige Vision allein kann es nicht geben – dafür ist der Wandel zu umfassend und vielschichtig. Die Treibhausgasemissionen in Europa deutlich zu senken, könnte ein gemeinsamer Zielpunkt sein. Der Weg dorthin müsse allen gesellschaftlichen Akteuren jedoch transparent und nachvollziehbar vermittelt werden. „EnVision soll ein Projekt sein, das Mut macht und Angst nimmt“, fasste Pia Haase, eine der Sprecherinnen von Fridays for Future Berlin, zusammen.

Einig waren sich die Teilnehmenden darin, dass die Umsetzung der Energiewende auf der lokalen Ebene beginnt. Städte und Kommunen engagieren sich bereits auf vielfältige Weise im Klimaschutz und in der Energieerzeugung vor Ort. Dort kann Bürgerbeteiligung hautnah erlebt werden. Eine Herausforderung besteht jedoch darin, erfolgreiche Projekte in andere Regionen zu übertragen und auch auf Landes- und Bundesebene zu etablieren. Die Voraussetzungen sind teilweise sehr unterschiedlich, die Perspektiven der Bürgerinnen und Bürger von Ort zu Ort verschieden.

„Wir brauchen einen Grundkonsens darüber, was Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität für uns bedeuten“, schloss die Präsidentin der HUMBOLDT-VIADRINA Governance Platform Gesine Schwan. Die halbtägige Veranstaltung wurde von der Grafik- und Kommunikationsagentur Ellery Studio begleitet. In einem „Gallery Walk“ veranschaulichte diese Konfliktfelder der Energiewende, Best-Practice-Beispiele und die Bedeutung von Visionen, um die Teilnehmenden für die Diskussion zu inspirieren.

Über das Projekt EnVision

„EnVision – eine Vision für die Energiewende gestalten“ ist ein gemeinsames Projekt der HUMBOLDT-VIADRINA Governance Platform und von acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften. Es widmet sich der Frage, wie dem Stillstand in der Energiewende begegnet werden kann. Dazu führen die Beteiligten Interviews und Fachgespräche durch und richten Workshops und Trialoge mit Akteuren aus Politik und Verwaltung, Wirtschaft, organisierter Zivilgesellschaft und Wissenschaft aus. Wichtige Projektergebnisse und Empfehlungen an Politik und Gesellschaft fassen die Projektpartner in einem Impulspapier zusammen. Die innogy Stiftung fördert das Projekt mit der Laufzeit von November 2019 bis Oktober 2020.

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