Die Mobilität der Zukunft ist elektrisch und digital
Das Sorgenkind der Energiewende bleibt der Verkehr: Hier sind die Emissionen in den letzten Jahren gestiegen statt gesunken. Digitalisierung könnte zu einem wichtigen Treiber für eine klimafreundliche Mobilität werden, beispielsweise wenn mehr Elektrofahrzeuge über die Straßen rollen, deren Batterien gleichzeitig als Stromspeicher dienen. Im Experteninterview zeichnete Sigrid Evelyn Nikutta (Berliner Verkehrsbetriebe BVG) ein Bild der digitalen Mobilität der Zukunft: Straßenbahnen, Züge und Busse fahren elektrisch, der öffentliche Nahverkehr wird zur Mobilitätsplattform und digital mit Sharing-Angeboten verknüpft. So entsteht ein attraktiver ÖPNV, der Städte lebenswerter und die Luft sauberer macht. Dabei könne Deutschland auch von anderen Ländern lernen: In Hongkong etwa fahren 90 Prozent der Einwohner mit der Bahn. Wie die Mobilität neu gedacht und intelligent gesteuert werden kann, diskutierte die Vorstandsvorsitzende der BVG mit Barbara Lenz (Institut für Verkehrsforschung am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR) und Rada Rodriguez (Schneider Electric GmbH). Ziel sei es, die Mobilität so zu gestalten, dass die Emissionen im Verkehr spürbar sinken – Elektrofahrzeuge müssten etwa immer mit grünem Strom fahren. Um Schwankungen auszugleichen und Strom effizient speichern zu können, benötige man dezentrale, digital verknüpfte Verteilnetze. Neben einer Stärkung des Nahverkehrs sprachen sich die Expertinnen außerdem für mehr Forschung und Entwicklung zu alternativen Antrieben aus.
Debatte zur CO2-Bepreisung
Über Leitinstrumente und Strategien der Klimapolitik diskutierten Lukas Köhler (FDP-Bundestagsfraktion) und Ingrid Nestle (Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen). Bei der Frage, welches Instrument die Emissionen am effektivsten sinken lässt, kamen sie nicht überein: Während sich Ingrid Nestle für einen einheitlichen Preis auf alle CO2-Emissionen als Steuer oder Abgabe aussprach, empfahl Lukas Köhler, den Emissionshandel auf die Sektoren Wärme und Verkehr auszuweiten. Beim Kohleausstieg hingegen waren sie sich sicher: Werde der Preis für CO2-Emissionszertifikate weiter steigen, sei Kohle bald nicht mehr wirtschaftlich. Der Strukturwandel in den betroffenen Regionen müsse aktiv gestaltet werden.
Neue energiepolitische Maßnahmen: Klimaschutzgesetz, Mobilitätsplattform, deutsch-französische Zusammenarbeit
Im anschließenden Gespräch zu den Leitlinien der Energiepolitik schilderte Frank Heidrich (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie), wie der Gebäudesektor seinen Anteil zur Emissionsminderung leisten könne: Ein CO2-Preis könne helfen, die Gebäudeeffizienz anzukurbeln und erneuerbare Energien konkurrenzfähig zu machen. Diese Möglichkeit werde derzeit geprüft – bisher konnte sich die Regierung nicht darauf einigen. Berthold Goeke (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit) verwies auf neue Maßnahmen und energiepolitische Vorhaben – darunter das für 2019 angekündigte Bundesklimaschutzgesetz und die Nationale Plattform „Zukunft der Mobilität“, die im September ihre Arbeit aufnehmen wird. Auch die internationale Zusammenarbeit werde ausgebaut: So haben die Umweltstaatssekretäre aus Deutschland und Frankreich jüngst eine interministerielle Arbeitsgruppe gestartet, um gemeinsam Lösungen für den Klimaschutz zu entwickeln.
Die Energiewende braucht Innovationen, Mut und klare Rahmenbedingungen
Wie Deutschland ganz konkret die nächste Phase der Energiewende erreichen kann, stand im Mittelpunkt der abschließenden Podiumsdiskussion. In seinem Impuls empfahl der Politische Geschäftsführer von Germanwatch Christoph Bals, ein Level Playing Field für Steuern und Abgaben sowie einen sektorenübergreifenden Flexibilitätsmarkt zu schaffen. Tilman Schwencke (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft) forderte Innovationen und mutige Entscheidungen für die nächste Phase der Energiewende – Mikromanagement führe nicht zum Ziel. Florian Bieberbach (Stadtwerke München) griff diesen Punkt auf: Die Politik müsse klare Rahmenbedingungen setzen und dürfe keine Angst vor Fehlentscheidungen haben. Auch Eberhard Umbach (acatech Präsidium) sprach sich für eindeutige politische Aussagen zu Kosten und Nutzen der Energiewende aus – anders könne man die Bevölkerung nicht mitnehmen. Denn die Energiewende sei vor allem ein Gemeinschaftswerk, wie Lucia Reisch (Copenhagen Business School) unterstrich. Information, Dialog und Teilhabe seien wichtige Voraussetzungen für den erfolgreichen Umbau des Energiesystems.
Das Energiesymposium „ENERGI3: Integriert, intelligent, international – die nächste Phase der Energiewende“ wurde vom Akademienprojekt „Energiesysteme der Zukunft“ (ESYS) im dbb forum berlin veranstaltet.