Thomas Bareiß, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie, hielt die Keynote bei der ESYS-Konferenz. © acatech/Stemmler

ESYS-Konferenz: Ganzheitliche Lösungen für die Energiewende in den Blick nehmen

17. Mai 2019

Welche Rolle spielen Verhaltensänderungen für den Klimaschutz? Was sind die nächsten Schritte in der Energiewende, und was kann das Akademienprojekt „Energiesysteme der Zukunft“ (ESYS) dazu beitragen? Darüber diskutierten rund 50 Projektmitglieder auf der ESYS-Konferenz am 16. Mai im Berliner Harnack-Haus der Max-Planck-Gesellschaft. In seiner Keynote schilderte der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie Thomas Bareiß, worauf es jetzt in der Energiewende ankommt und wie wir die Menschen mehr dafür begeistern können.

Deutschland steht vor großen energiepolitischen Herausforderungen: Bislang ist offen, wie die Ergebnisse der „Kohlekommission“ umgesetzt werden, wann das Bundesklimaschutzgesetz kommen wird und in welcher Form die Bundesregierung künftig CO2-Emissionen bepreisen möchte. Worauf es jetzt bei der Umsetzung der Energiewende ankommt, diskutierten die ESYS-Mitglieder zu Beginn ihrer Konferenz. Indra Spiecker gen. Döhmann (Goethe-Universität Frankfurt am Main) sprach sich dafür aus, die Veränderungsbereitschaft aller an der Energiewende Beteiligten zu stärken. Neue Verhaltensmuster – etwa in der Mobilität – müssten unterstützt, Informations- und Kommunikationstechnologien intelligent eingesetzt werden.

Wie wichtig angemessene Rahmenbedingungen für den Erfolg der Energiewende sind, erklärte Hans-Martin Henning (Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE). Damit Deutschland eine Spitzenstellung bei Innovationen und Technologien einnehmen könne, müsse die Bundesregierung klimaschonende Technologien für alle Energiesektoren entwickeln, konsequent anwenden und durch Rahmenbedingungen sichern. Jürgen Renn (Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte) bemängelte, die Energiewende werde bisher zu sehr national gedacht und die Umsetzung sei zu kleinteilig. Stattdessen müssten Energiewende und Klimaschutz als Teile eines globalen Paradigmenwechsels verstanden und ganzheitlich betrachtet werden.

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ESYS-Arbeitsgruppen im Austausch mit energiepolitischen Akteuren
Im Anschluss folgten Diskussionen, die sich jeweils mit den Themengebieten der drei ESYS-Arbeitsgruppen beschäftigten. In diesen Arbeitsgruppen untersuchen ESYS-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die großen Herausforderungen beim Übergang in die nächste Phase der Energiewende. Eine Gruppe geht der Frage nach, wie der Strommarkt künftig gestaltet werden sollte, um erneuerbare Energien besser in das Gesamtsystem zu integrieren und die Sektorenkopplung voranzutreiben. Der Co-Leiter Hartmut Weyer (Technische Universität Clausthal) erörterte mit Marcus Merkel (EWE Netz GmbH), wie die viel diskutierte CO2-Bepreisung am effektivsten umgesetzt werden kann und wie Netzengpässe im System künftig bewältigt werden können.

Im nachfolgenden Gespräch beschäftigten sich Jutta Hanson (Technische Universität Darmstadt) und Achim Zerres (Bundesnetzagentur) mit dem Thema der zweiten ESYS-Arbeitsgruppe und gingen der Frage nach, wie zentrale und dezentrale Elemente so in das Energiesystem integriert werden können, dass sie eine stabile Versorgung gewährleisten. Die dritte ESYS-Arbeitsgruppe widmet sich den Chancen und Herausforderungen digitaler Energieinfrastrukturen. Der Co-Leiter Christoph Mayer (OFFIS – Institut für Informatik) tauschte sich mit Fabian Reetz (Stiftung Neue Verantwortung) darüber aus, welche neuen Risiken der Energieversorgung drohen, wie man das Energiesystem dagegen wappnen kann und welche Möglichkeiten die Digitalisierung der Energiewende eröffnet.

Für die Energiewende begeistern und Verhaltensänderungen anstoßen
Am Nachmittag diskutierten die ESYS-Mitglieder über ein Leitbild für die Energiewende. In seiner Keynote fasste der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie Thomas Bareiß zusammen, wie wir die Menschen für die Energiewende begeistern können. „Es gibt keinen Masterplan für die nächsten 30 Jahre. Wenn wir die Energiewende zum Erfolg führen wollen, müssen wir systemisch denken. Wichtig sind Anreize für Wettbewerb und Technologieoffenheit, damit Deutschland Industrieland bleibt. Gleichzeitig müssen wir Menschen, die in klimaschonende Technologien investieren, angemessen belohnen“, betonte Thomas Bareiß.

Daran anknüpfend erklärte ESYS-Sprecher Dirk Uwe Sauer (RWTH Aachen), wie sich konsequenter Klimaschutz auf das durchschnittliche CO2-Budget pro Kopf auswirken würde. Er rechnete vor, was es bedeutet, mit einer Tonne Kohlendioxid pro Jahr auskommen zu müssen: Man könne davon entweder rund 20 Kilometer pro Tag Auto fahren oder einmal von Frankfurt nach New York fliegen – damit wäre jedoch bereits das gesamte Jahresbudget an CO2 aufgebraucht. Dirk Uwe Sauer folgerte, dass wir unser Verhalten in Zukunft spürbar ändern müssen, wobei Emissionsminderungen nicht allein durch Verzicht zu erreichen seien. Anschließend diskutierten die ESYS-Mitglieder über verschiedene Möglichkeiten, die Klimaziele zu erreichen – von Verzicht über neue Technologien bis zu ökonomischen Anreizen für klimabewusstes Verhalten.

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