Die ESYS-Publikationen „Das Energiesystem resilient gestalten“ beschreiben Szenarien und Maßnahmen für eine gesicherte Energieversorgung. © acatech/Witte

DUH-Veranstaltung: Das Energiesystem resilient gestalten

18. Juli 2017

Moderne, digital vernetze Energiesysteme müssen robust und widerstandsfähig sein – nur dann können sie auch neue, unvorhersehbare Risiken bewältigen. Doch wie muss die Energieversorgung dafür umgebaut werden, welche Kosten entstehen dadurch und wer steuert den Wandel? Diese Fragen beantwortete Stefan Gößling-Reisemann von der Universität Bremen auf einer Veranstaltung der Deutschen Umwelthilfe (DUH) zum Thema „Das Energiesystem resilient gestalten“ am 13. Juli in Berlin. Gößling-Reisemann präsentierte die Ergebnisse der gleichnamigen gemeinsamen Stellungnahme von acatech, Leopoldina und Akademienunion und diskutierte mit geladenen Experten.

Das Energiesystem wird immer komplexer und digitaler; Strom-, Wärme- und Gasnetze werden zunehmend parallel gesteuert. Mit der Vernetzung entstehen zusätzliche Angriffspunkte, Risiken werden schwerer abschätzbar. Gelänge es Hackern zum Beispiel, intelligente Netze zu manipulieren und lahmzulegen, wäre der Schaden für Wirtschaft und Gesellschaft enorm. Auch die Auswirkungen des Klimawandels bedrohen das Energiesystem: Schneestürme, Überschwemmungen und lang anhaltende Hitzewellen können die Infrastruktur beschädigen und Stromausfälle verursachen.

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Wie das Energiesystem derartige Gefahren bewältigen und aus Krisen lernen kann, hat eine Arbeitsgruppe des von acatech, Leopoldina und der Akademienunion initiierten Projekts „Energiesysteme der Zukunft“ (ESYS) untersucht und in einer Stellungnahme und Analyse zusammengefasst. Auf der Abendveranstaltung der DUH stellte ESYS-Mitglied Stefan Gößling-Reisemann wesentliche Ergebnisse vor. „Energiesysteme müssen möglichst robust und widerstandsfähig – kurz: resilient – gestaltet werden. Das bedeutet, man bereitet sich vor auf das, was man noch nicht kennt“, schilderte der Professor für Resiliente Energiesysteme den Unterschied zum Risikomanagement. Die Kosten für geeignete Maßnahmen seien jedoch sehr unterschiedlich: Energiespeicher als Puffer- und Reservemöglichkeit aufzubauen sei sehr teuer, die Diversifizierung von Steuerungssoftware und regelmäßige Sicherheitsupdates hingegen nicht. In jedem Fall müsse vorher genau abgewägt werden, ob sich die gewählten Maßnahmen lohnen.

Mit den zur Veranstaltung eingeladenen Experten diskutierte Stefan Gößling-Reisemann auch darüber, wie weit die Digitalisierung im Energiesystem schon fortgeschritten ist und wie es gelingen kann, im Krisenfall zu improvisieren und dadurch die Versorgung aufrechtzuerhalten. Die Energiefachleute kamen zu dem Schluss, dass administrative Prozesse  die Digitalisierung oft noch hemmen und dass es empfehlenswert sei, zusätzliches Personal für den Notfall vorzuhalten. Durch längere Übergabezeiten im Schichtsystem einer Leitzentrale könnten sich die Verantwortlichen zum Beispiel besser austauschen. Ein weiterer Diskussionspunkt war die Frage, wer für die Umsetzung geeigneter Resilienzmaßnahmen zuständig sei. Stefan Gößling-Reisemann erklärte, dass die Verantwortung oft beim Gesetzgeber liege. Es sei Aufgabe der Politik, rechtliche Standards zu schaffen und diese auch durchzusetzen. Den Endkunden könne man jedoch nicht kontrollieren.

Die Deutsche Umwelthilfe führt regelmäßig  sogenannte Netzwerkabende mit Vertretern aus Wirtschaft, Politik, Behörden und Zivilgesellschaft durch und lädt dazu Energieexperten zum Vortrag und zur Diskussion ein.

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