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Trialog: Energiewende = (de)zentral?

07. Dezember 2015

Noch nie gab es so viele Energieerzeugungsanlagen wie heute. Immer mehr Anlagen produzieren Strom aus regenerativen Energien. Teils wird die Energie direkt vor Ort genutzt, teils wird sie in zentral gesteuerte Netze eingespeist. Das Zusammenspiel von dezentraler und zentraler Stromerzeugung war Thema des dritten Trialogs der HUMBOLDT-VIADRINA Governance Platform und des Akademienprojekts „Energiesysteme der Zukunft“ (ESYS) am 4. Dezember in Berlin.

„Energiewende = (de)zentral?“ – über diese Frage diskutierten rund 60 Akteure aus Politik, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Wissenschaft. Dabei nahmen sie die technische Dimension, regulatorische Rahmenbedingungen und auch die gesellschaftlichen Debatte in den Blick.

Welchen Anteil dezentrale Strukturen im Energiesystem einnehmen können, hängt zum einen von den technischen Möglichkeiten ab. So könnten Batteriespeicher kurzfristige Differenzen zwischen Verbrauch und Erzeugung ausgleichen, die zahlreiche, dezentrale Solaranlagen nach sich ziehen. Zum anderen verschieben gesetzliche Rahmenbedingungen die Gewichte: So befürchten Befürworter von Bürgerenergieprojekten, dass die geplante wettbewerbliche Ausschreibung für erneuerbare Energien die Betreiber größerer, zentraler Anlagen begünstigen könnte.

Ansprechpartner

Die Begriffe zentral/dezentral, so wurde hervorgehoben, beschreiben dabei nicht allein technische Strukturen: Sie seien normativ aufgeladen. Das Dezentrale erscheine als das Gestaltbare, das sich an Entscheidungen vor Ort und an den Bedürfnissen der Menschen ausrichte, während das Zentrale Entscheidungen in unübersichtlichen Strukturen suggeriere. Diese normative Ebene beeinflusse die Debatte.

Dirk-Uwe Sauer von der RWTH Aachen leitete den Trialog als Vertreter des Akademienprojekts ESYS thematisch ein. Weitere Redner waren Klaus-Dieter Maubach, Honorarprofessor an der TU Clausthal sowie Vorstand der Capital Stage AG, Karsten Bourwieg, Referatsleiter Energierecht bei der Bundesnetzagentur und René Mono, Geschäftsführer von Bündnis Bürgerenergie. Moderiert wurde die Diskussion von Gesine Schwan, Präsidentin der HUMBOLDT-VIADRINA Governance Platform.
Ob zentral oder dezentral strukturiert – die Entwicklungsmöglichkeiten zum wirtschaftlichen, versorgungssicheren und klimafreundlichen Energiesystem sind vielfältig. Konfliktlinien und unterschiedliche Perspektiven müssen daher im gesellschaftlichen Dialog herausgearbeitet werden. Die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Kooperation zwischen der HUMBOLDT-VIADRINA Governance Platform und dem Akademienprojekt ESYS stärkt deshalb die Vernetzung zwischen Wissenschaft und Gesellschaft. In diesem Rahmen spiegeln die ESYS-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler ihre Lösungsvorschläge im Austausch mit gesellschaftlichen Akteuren.

Über die Veranstalter

Die HUMBOLDT-VIADRINA Governance Platform unterstützt durch ihre Trialoge den kommunikativen Austausch und die Verständigung zwischen den verschiedenen Stakeholdergruppen Politik, Wirtschaft und organisierte Zivilgesellschaft mit Medien und Wissenschaft zu aktuellen politischen und gesellschaftlichen Fragen. Durch die Auswertung dieser Multi-Stakeholder-Treffen werden Grundkonsense deutlich, die die Formulierung gemeinwohlorientierter Politik vorbereiten. Eine Trialog- Veranstaltung dauert einen gesamten Arbeitstag, um neben den Impulsvorträgen ausreichend Zeit für die Diskussion zwischen den Vertretern der verschiedenen Stakeholdergruppen zu gewährleisten.

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