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Kann „Nudging“ die Energiewende vorantreiben?

05. Mai 2015

Wie kann Deutschland seine energiepolitischen Ziele effizient und effektiv umsetzen – mit Gesetzen, Auflagen und Förderprogrammen? Oder sollte der Staat durch sogenanntes „Nudging“ Anreize zur Verhaltensänderung setzen, um Bürger beispielsweise zum Energiesparen zu bewegen? Doch weiß der Staat überhaupt, was gut für die Gesellschaft ist? Welche neuen Möglichkeiten ergeben sich durch Nudges im Energiebereich? Diese und weitere Fragen standen im Fokus des HUMBOLDT-VIADRINA Trialogs „Nudging im Energiebereich – die Energiewende voranstupsen“. An der Veranstaltung im Berliner Allianz Forum nahmen rund 60 Akteure der Energiewende aus Politik, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Wissenschaft teil.

Der Anteil erneuerbarer Energien an der Energieversorgung soll in den nächsten Jahren weiter steigen, der Energieverbrauch hingegen erheblich fallen. So sehen es die energiepolitischen Ziele der Bundesregierung vor. Gelingen kann das nur, wenn die Industrie sparsamer und innovativ produziert, und die Verbraucher ihr Verhalten langfristig ändern. „Ein nachhaltigerer Konsum muss durch geeignete Verhaltensanreize und Strukturen unterstützt werden – das ist das Ziel von Nudging“, erklärte Lucia Reisch, Professorin für Verbraucherverhalten und Verbraucherpolitik an der Copenhagen Business School, in ihrem Eröffnungsvortrag zum Trialog. 

Das Konzept des Nudging kommt aus der Verhaltensökonomik und wurde maßgeblich durch den Juristen Cass R. Sunstein und den Ökonomen Richard H. Thaler bekannt. Bürger sollen durch sanftes „Anstupsen“ zu einem bestimmten Verhalten ermutigt werden, ohne dass Zwang ausgeübt wird. Beispielsweise konnten Haushalte im Bundesstaat Kalifornien durch nachbarschaftliche Vergleichsstudien des Energieverbrauchs zum Energiesparen bewegt werden. Ob jedoch Nudges immer so wirksam sind, ist umstritten und bedarf genauerer Kenntnisse der jeweiligen Sachverhalte. 

Ansprechpartnerin

Der Trialog zum Nudging war die erste Veranstaltung der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Reihe, die in Zusammenarbeit mit dem Akademienprojekt „Energiesysteme der Zukunft“ (ESYS) durchgeführt wird. Sie setzt auf die Verständigung zwischen Wissenschaft und Gesellschaft, um die Umsetzung der Energiewende zu einem Gemeinschaftswerk zu machen und gesellschaftlich breit zu verankern. „Die Trialoge spiegeln die Positionen gesellschaftlicher Akteure an die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der ESYS-Arbeitsgruppe zurück. Diese haben so die Möglichkeit, ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse damit zu verknüpfen und in Handlungsoptionen für die Politik einzuarbeiten“, erläutert  Gesine Schwan, Präsidentin der HUMBOLDT-VIADRINA Governance Platform. 

Ulrich Kelber, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Claudia Voss, Referentin Verbraucherpolitik beim Bundesverband der Deutschen Industrie und Ingmar Streese, Leiter Geschäftsbereich Verbraucherpolitik in der Verbraucherzentrale Bundesverband, regten aus verschiedenen Perspektiven mit ihren Impulsvorträgen die Diskussion an. 

Beteiligte Institutionen

Die HUMBOLDT-VIADRINA Governance Platform unterstützt durch ihre Trialoge den kommunikativen Austausch und die Verständigung zwischen den verschiedenen Stakeholdergruppen Politik, Wirtschaft und organisierte Zivilgesellschaft mit Medien und Wissenschaft zu aktuellen politischen und gesellschaftlichen Fragen. Durch die Auswertung dieser Multi-Stakeholder-Treffen werden Grundkonsense deutlich, die die Formulierung gemeinwohlorientierter Politik vorbereiten. Eine Trialog- Veranstaltung dauert einen gesamten Arbeitstag, um neben den Impulsvorträgen ausreichend Zeit für die Diskussion zwischen den Vertretern der verschiedenen Stakeholdergruppen zu gewährleisten. 

Das Akademienprojekt „Energiesysteme der Zukunft“ (ESYS) ist eine gemeinsame Initiative von acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften, der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina sowie der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften. Es begleitet den Prozess der Energiewende mit gebündelter Expertise. Mehr als 50 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterschiedlicher Fachrichtungen erarbeiten Handlungsoptionen für die Umsetzung einer sicheren, bezahlbaren und nachhaltigen Energiewende.